Streitwert bei Entscheidung richtet sich nach § 45 Abs. 3 GKG

Hinsichtlich des Gegenstandswerts gilt über § 23 Abs. 1 S. 1 RVG die Vorschrift des § 45 Abs. 4 GKG, der wiederum auf § 45 Abs. 3 GKG Bezug nimmt.

Nach § 45 Abs. 3 GKG erhöht sich der Streitwert des Verfahrens, wenn

der Beklagte hilfsweise eine Aufrechnung erklärt (die Klageforderung muss also bestritten sein),
die Hilfsaufrechnungsforderung wiederum vom Kläger bestritten wird und
über die Hilfsaufrechnung eine der Rechtskraft fähige Entscheidung ergeht (da die Aufrechnungsforderung selbst nicht Streitgegenstand ist, sondern nur die Klageforderung zu Fall bringt, kommt eine der Rechtskraft fähige Entscheidung nur unter den Voraussetzungen des § 322 Abs. 2 ZPO in Betracht).
 

Beispiel 1

In einem Rechtsstreit über 10.000,00 EUR bestreitet der Beklagte die Klageforderung und rechnet hilfsweise mit einer Gegenforderung i.H.v. 10.000,00 EUR auf. Das Gericht hält die Klage für schlüssig, weist sie aber wegen Bestehens der Gegenforderung ab.

Der Gegenstandswert erhöht sich nach § 45 Abs. 3 GKG um den Wert der Hilfsaufrechnung, da insoweit eine der Rechtskraft fähige Entscheidung nach § 322 Abs. 2 ZPO ergangen ist. Abzurechnen sind alle Gebühren nach einem Wert von 20.000,00 EUR.

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV     964,60 EUR
  (Wert: 20.000,00 EUR)      
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV     890,40 EUR
  (Wert: 20.000,00 EUR)      
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV     20,00 EUR
  Zwischensumme 1.875,00 EUR    
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV     356,25 EUR
Gesamt   2.231,25 EUR

Streitwert bei Vergleich richtet sich nach § 45 Abs. 4 GKG

Ebenso erhöht sich der Streitwert des Verfahrens nach § 45 Abs. 4 GKG im Falle eines Vergleichs, wenn und soweit eine gerichtliche Entscheidung mit dem Inhalt des Vergleichs nach § 322 Abs. 2 ZPO in Rechtskraft erwachsen wäre.

 
Hinweis

Wenn die Parteien in einem Prozessvergleich zugleich Regelungen über die zur Hilfsaufrechnung gestellten Forderungen getroffen haben, führt dies zu einer Erhöhung des Streitwerts nicht nur für den Vergleich, sondern auch für den Rechtsstreit.

OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.10.2009 – I-24 W 32/09, AGS 2010, 339 = JurBüro 2010, 423

 
Hinweis

Erledigt ein Gerichtsvergleich Gegenforderungen, mit denen hilfsweise die Aufrechnung erklärt wurde, mit, so erhöht sich der Streitwert für den Vergleich um den Wert ebendieser Gegenforderungen.

OLG München, Beschl. v. 26.9.2017 – 13 W 1528/17

 
Hinweis

Von einer Hilfsaufrechnung, die den Streitwert erhöht, wenn darüber entschieden wird (§ 45 Abs. 2 GKG) oder wenn sie in einem Vergleich miterledigt wird (§ 44 Abs. 4 GKG), ist dann auszugehen, wenn die Forderung in erster Linie mit anderen Einwänden bestritten wird. Dies ist der Fall, wenn der Beklagte primär bestreitet, dass der Kläger einen Anspruch auf die klageweise geltend gemachten Forderungen hat, und darüber hinaus, also hilfsweise, einwendet, dass die Forderungen durch Aufrechnung mit Gegenforderungen erloschen seien.

OLG München, Beschl. v. 6.9.2017 – 21 W 1088/17, JurBüro 2017, 636

Außergerichtlicher Vergleich reicht nicht aus

Nicht ausreichend ist dagegen ein außergerichtlicher Vergleich, auch wenn er den Rechtsstreit beendet.

 
Hinweis

Keine Streitwerterhöhung durch Hilfsaufrechnung bei Beendigung des Rechtsstreits nach außergerichtlichem Vergleich.

OLG Karlsruhe, Beschl. v. 5.11.2012 – 14 W 55/12, AGS 2013, 286 = MDR 2013, 424 = JurBüro 2013, 249 = NJW-RR 2013, 638

 
Hinweis

Ein außergerichtlich erzielter Vergleich der Parteien reicht für die Anwendung des § 19 Abs. 4 GKG [jetzt § 45 Abs. 4 GKG] nicht aus.

OLG Hamm, Beschl. v. 12.8.2003 – 23 W 120/03, AGS 2004, 27 = OLGR 2004, 14

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