Mündliche Verhandlung ist vorgeschrieben

In verwaltungsgerichtlichen Verfahren sowie in sozialgerichtlichen Verfahren, in denen nach Gegenstandswerten abzurechnen ist, kommt eine fiktive Terminsgebühr bei Abschluss eines Vergleichs in Betracht. Unstreitig ist der Fall, dass das Gericht nach § 106 S. 2 VwGO das Zustandekommen des Vergleichs beschließt.

 

Fiktive Terminsgebühr bei schriftlichem Vergleich

Wird im verwaltungsgerichtlichen Klageverfahren auf Vorschlag des Gerichts ein schriftlicher Vergleich nach § 106 S. 2 VwGO geschlossen, entsteht für den Prozessbevollmächtigten eine Terminsgebühr.

OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 24.6.2009 – 5 E 728/09, AG kompakt 2010, 98 = DVBl. 2009, 1128 = DÖV 2009, 776; ebenso VG Göttingen, Beschl. v. 3.6.2011 – 3 A 319/07 (zur vergleichbaren Lage in einem Berufungsverfahren)

 

Beispiel 9: Verfahrens- und Terminsgebühr bei Abschluss eines gerichtlich festgestellten Vergleichs

Der Mandant beauftragt den Anwalt, gegen den ergangenen Widerspruchsbescheid Anfechtungsklage zu erheben (Gegenstandswert: 4.000,00 EUR). Nach Klageerhebung schlägt das Gericht den Parteien einen Vergleich vor, den diese annehmen, so dass sich das das Gericht gem. § 106 S. 2 VwGO das Zustandekommen des Vergleichs feststellt.

Dieser Fall ist unstrittig. Neben der Verfahrensgebühr entsteht jetzt gem. Anm. Abs. 1 Nr. 1, 2. Alt. zu Nr. 3104 VV auch eine 1,2-Terminsgebühr. Darüber hinaus entsteht auch eine 1,0-Einigungsgebühr nach Nrn. 1000, 1003 VV.

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   327,60 EUR
  (Wert: 4.000,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   302,40 EUR
  (Wert: 4.000,00 EUR)    
3. 1,0-Einigungsgebühr, Nrn. 1000, 1003 VV   252,00 EUR
  (Wert: 4.000,00 EUR)    
4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 902,00 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   171,38 EUR
Gesamt 1.073,38 EUR

Streitfrage: außergerichtlicher Vergleich

Strittig ist auch hier, ob ein einfach schriftlicher Vergleich mit der Behörde ausreicht, was auch hier von der Rechtsprechung abgelehnt wird.

 

Fiktive Terminsgebühr für Rechtsanwalt bei außergerichtlichem Vergleich

Es fällt keine Terminsgebühr bei einem außergerichtlichen schriftlichen Vergleich an, wenn sich die Beteiligten ohne Zutun des Gerichts einigen.

VG Leipzig, Beschl. v. 22.3.2018 – 2 K 2700/17.NC; ebenso OVG Berlin-Brandenburg AGS 2018, 10 = FA 2018, 36 = NJW 2018, 1338

Nach zutreffender Auffassung muss auch hier der einfach schriftliche Vergleich ausreichen. Das Gesetz fordert nur einen schriftlichen Vergleich. Was unter Schriftform zu verstehen ist, ergibt sich aus § 126 BGB, und was ein Vergleich ist, ergibt sich aus § 779 BGB. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Weitere Voraussetzungen werden – auch in verwaltungsgerichtlichen Angelegenheiten – in Anm. Abs. 1 Nr. 1, 2. Alt. zu Nr. 3104 VV nicht aufgestellt.

 

Beispiel 10

Der Mandant beauftragt den Anwalt, gegen den ergangenen Widerspruchsbescheid Anfechtungsklage zu erheben (Gegenstandswert: 4.000,00 EUR). Nach Klageerhebung schließt der Anwalt mit der Behörde einen schriftlichen Vergleich, woraufhin das Verfahren für erledigt erklärt oder die Klage zurückgenommen wird.

Nach zutreffender Auffassung ist ebenso zu rechnen wie in Beispiel 9.

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