Besonderheit im Verbundverfahren

Grundsätzlich gilt in Verbundverfahren bei Aufhebung und Zurückverweisung ebenfalls § 21 Abs. 1 RVG. Das Verfahren nach Zurückverweisung ist auch hier grundsätzlich eine neue Angelegenheit, wiederum mit der Maßgabe, dass die Verfahrensgebühr des vorangegangenen Verfahrens gem. Vorbem. 3 Abs. 6 VV auf die Verfahrensgebühr nach Zurückverweisung anzurechnen ist.

Keine neue Angelegenheit im Fall des § 146 FamFG

Eine Besonderheit gilt nach § 21 Abs. 2 RVG allerdings im Falle einer Zurückverweisung gem. § 146 FamG, also wenn

neben der Ehesache auch Folgesachen anhängig gemacht worden waren,
das FamG den Scheidungsantrag abgewiesen hat und
das Rechtsmittelgericht den Scheidungsantrag für begründet hält, so dass es den die Scheidung abweisenden Beschluss aufhebt und die Sache an das FamG zurückverweist.

Obwohl in diesem Fall die Voraussetzungen des § 21 Abs. 1 RVG erfüllt sind, findet diese Regelung nach § 21 Abs. 2 RVG keine Anwendung. Das Verfahren vor und nach Zurückverweisung gilt als dieselbe Angelegenheit i.S.d. § 15 Abs. 1 RVG. Der Anwalt erhält die Gebühren daher insgesamt nur einmal. Allerdings kann sich der Wert des Verfahrens erhöhen, wenn nach Zurückverweisung noch weitere Folgesachen anhängig gemacht werden (Gerold/Schmidt/Mayer, § 21 Rn 14).

 

Beispiel 8 (Aufhebung des den Scheidungsantrag zurückweisenden Beschlusses und Zurückverweisung an das FamG)

Das FamG weist den Scheidungsantrag (Werte: Ehesache 6.000,00 EUR; Versorgungsausgleich 1.200,00 EUR) zurück. Auf die Beschwerde hält das OLG den Scheidungsantrag für begründet und verweist die Sache an das FamG zurück.

Das Verfahren nach Zurückverweisung gilt gem. § 21 Abs. 2 RVG als dieselbe Angelegenheit. Die Gebühren vor dem FamG entstehen nur einmal.

I. Verfahren vor dem FamG

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV (Wert: 7.200,00 EUR)   592,80 EUR
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV (Wert: 7.200,00 EUR)   547,20 EUR
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.160,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   220,40 EUR
Gesamt 1.380,40 EUR

II. Beschwerdeverfahren

 
1. 1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV (Wert: 6.000,00 EUR)   566,40 EUR
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3202 VV (Wert: 6.000,00 EUR)   424,80 EUR
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.011,20 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   192,13 EUR
Gesamt 1.203,33 EUR

Nur dann, wenn zwischen dem Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens und der Zurückverweisung mehr als zwei Kalenderjahre liegen, gilt nicht § 21 Abs. 2 RVG, sondern § 15 Abs. 5 S. 2 RVG, so dass dann alle Gebühren erneut entstehen.

Keine Besonderheit bei sonstiger Zurückverweisung

Die Vorschrift des § 21 Abs. 2 RVG gilt nicht, wenn das Rechtsmittelgericht die Sache nach § 69 Abs. 1 S. 2 FamFG zurückverweist. In diesem Fall bleibt es bei der allgemeinen Regelung des § 21 Abs. 1 RVG.

 

Beispiel 9 (Aufhebung und Zurückverweisung wegen eines Verfahrensmangels)

Das FamG weist den Scheidungsantrag ab (6.000,00 EUR; Versorgungsausgleich 1.200,00 EUR). Das OLG hebt den Beschluss auf und verweist wegen eines schweren Verfahrensfehlers die Sache gem. § 69 Abs. 1 S. 2 FamFG zurück.

Es gilt nicht § 21 Abs. 2 RVG, sondern § 21 Abs. 1 RVG. Das Verfahren nach Zurückverweisung hinsichtlich der Ehesache ist eine neue Angelegenheit, so dass hieraus die Gebühren – vorbehaltlich der Anrechnung nach Vorbem. 3 Abs. 6 VV – erneut entstehen. Hinsichtlich der Folgesachen (hier Versorgungsausgleich) liegt dagegen keine Zurückverweisung vor, so dass hier auch keine neuen Gebühren entstehen können.

I. Verfahren vor dem FamG

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV (Wert: 7.200,00 EUR)   592,80 EUR
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV (Wert: 7.200,00 EUR)   547,20 EUR
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.160,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   220,40 EUR
Gesamt 1.380,40 EUR

II. Beschwerdeverfahren

 
1. 1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV (Wert: 6.000,00 EUR)   566,40 EUR
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3202 VV (Wert: 6.000,00 EUR)   424,80 EUR
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.011,20 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   192,13 EUR
Gesamt 1.203,33 EUR

III. Erneutes Verfahren vor dem FamG nach Zurückverweisung

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV, § 21 Abs. 1 RVG (Wert: 6.000,00 EUR)   460,20 EUR
2. gem. Vorbem. 3 Abs. 6 VV anzurechnen, 1,3 aus 6.000,00 EUR   – 460,20 EUR
3. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV, § 21 Abs. 1 RVG (Wert: 6.000,00 EUR)   424,80 EUR
4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 444,80 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   84,51 EUR
Gesamt 529,31 EUR

AGKompakt, S. 110 - 119

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