Häufig kommt es vor, dass der Kläger gegen den Beklagten eine Forderung nebst Zinsen geltend macht und darauf verschiedene Teilzahlungen des Beklagten – sei es vor, sei es nach Rechtshängigkeit – zu verrechnen sind. Da es mühsam und unpraktikabel ist, mit jeder Teilzahlung die Forderung neu zu berechnen und den Klageantrag zu ändern, verfährt die Praxis so, dass der Zahlungsantrag nebst Zinsen mit dem Zusatz gestellt wird, dass die angegebenen Teilzahlungen abzuziehen sind.

Antrag "abzüglich gezahlter …" ist zulässig

Ein solcher Antrag "… abzüglich gezahlter …" ist zulässig (LG Osnabrück MDR 2003, 953 = JurBüro 2003, 486). Ein solcher Antrag ist auch praktikabel, weil das Gericht in diesem Fall einfach und unproblematisch die Forderung titulieren kann, ohne sie im Einzelnen beziffern zu müssen. In der Vollstreckung kann dann die Forderung ohne weiteres unter Berücksichtigung der §§ 366, 367 BGB berechnet werden, ebenso wie dies bei Teilzahlungen nach Rechtskraft der Fall ist.

Problematisch ist in diesen Fällen immer wieder die Streitwertberechnung.

Zahlungen werden ohne weiteres von der Ursprungsforderung abgezogen

Viele Gerichte nehmen den ursprünglichen Betrag der Hauptforderung und ziehen sämtliche Teilzahlungen ab. Dies ist insoweit unzutreffend, als die Teilzahlungen gem. §§ 366, 367 BGB nicht in vollem Umfang auf die Hauptforderung zu verrechnen sind, sondern erst auf die bis zum Tag der Teilzahlung angefallenen Zinsen und Kosten und erst dann auf die Hauptforderung. Dies führt dazu, dass eine höhere Hauptforderung verbleibt, die weiterhin zu verzinsen ist. Zum Teil wird dabei die Auffassung vertreten, die Streitwertberechnung unter Berücksichtigung der §§ 366, 367 würde den Grundsätzen des Kostenrechts, Werte einfach ermitteln zu können, widersprechen (so AG Hagen JurBüro 1992, 192). Dabei dürfte es sich um eine Schutzbehauptung handeln. Diese Gerichte sind vielmehr zu bequem, die Forderung zu berechnen.

Zutreffend ist es vielmehr, im Rahmen der Streitwertfestsetzung die Forderung gem. den §§ 366, 367 BGB zu berechnen und den Wert danach festzusetzen (OLG Hamm JurBüro 1969, 765).

Wertermittlung gilt auch für Zuständigkeit und Rechtsmittelbeschwer

Insoweit ist zu berücksichtigen, dass diese Wertermittlung nicht nur für die Anwaltsgebühren gilt, sondern auch für den Zuständigkeits- und Rechtsmittelstreitwert. Eine Vereinfachung für die Streitwertberechnung verbietet sich schon deshalb, weil dadurch gegen den gesetzlichen Richter verstoßen würde und einer Partei Rechtsmittel abgeschnitten würden, die ihr nach dem eindeutigen Wortlaut der §§ 366, 367 BGB zustehen.

 
Praxis-Beispiel

Der Beklagte schuldet dem Kläger 10.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 1.1.2010. Im September 2010 hat er eine Teilzahlung in Höhe von 4.000,00 EUR erbracht und im Februar 2011 eine weitere Teilzahlung in Höhe von 1.000,00 EUR. Da weitere Zahlungen nicht eingehen, klagt der Kläger auf Zahlung "eines Betrages in Höhe von 10.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 1.1.2010, abzüglich am 1.9.2010 gezahlter 4.000,00 EUR und am 1.2.2011 gezahlter weiterer 1.000,00 EUR".

Der Streitwert des Verfahrens beläuft sich jetzt nicht etwa auf 10.000,00 EUR -4.000,00 EUR -1.000,00 EUR = 5.000,00 EUR, sondern ist wie folgt zu berechnen:

 
Ursprüngliche Hauptforderung   10.000,00 EUR
Zinsen bis zum 1.9.2010   342,76 EUR
Zwischensumme 10.342,76 EUR  
abzüglich Teilzahlung   -4.000,00 EUR
Zwischensumme 6.342,76 EUR  
weitere Zinsen aus 6.342,76 EUR bis zum 1.2.2011 135,31 EUR
Gesamt   6.478,07 EUR

Damit ergibt sich für die Anwalts- und Gerichtsgebühren nicht nur ein Gebührensprung, sondern es ist auch die Zuständigkeit des Landgerichts gegeben und nicht die des Amtsgerichts.

Teilzahlung im Mahnverfahren

Häufig kommen solche Fälle in einem streitigen Verfahren nach einem Mahnverfahren vor, wenn nach Erlass des Mahnbescheids und vor Abgabe an das Streitgericht vom Antragsgegner Teilzahlungen geleistet worden sind.

 
Praxis-Beispiel

Der Antragsteller beantragt den Erlass eines Mahnbescheids über 7.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszins ab dem 1.1.2011. Der Beklagte legt Widerspruch ein und zahlt am 30.6.2011 einen Teilbetrag i.H.v. 2.000,00 EUR. Daraufhin beantragt der Antragsteller die Durchführung des streitigen Verfahrens wegen einer Forderung in Höhe von "7.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszins ab dem 1.1.2011 abzüglich am 30.6.2011 gezahlter 2.000,00 EUR."

Der Streitwert für das streitige Verfahren beläuft sich auf:

 
ursprüngliche Hauptforderung 7.000,00 EUR
Zinsen bis zum 30.6.2010 177,73 EUR
abzüglich Teilzahlung -2.000,00 EUR
Gesamt 5.177,73 EUR

Zuständig ist also das Landgericht, sofern keine ausschließliche Zuständigkeit des Amtsgerichts gegeben ist.

Die Anwaltsgebühren berechnen sich wie folgt:

Mahnverfahren (Wert: 7.000,00 EUR)

 
1. 1,0-Mahnverfahrensgebühr, Nr. 3305 VV   375,00 EUR
2. Postentgeltpau...

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