Der Fall

Der Anwalt hatte die Verteidigung des Mandanten übernommen. Im erstinstanzlichen gerichtlichen Verfahren kommt es zum Hauptverhandlungstermin, an dem er teilnimmt. Dort wird das Verfahren gegen Zahlung einer Geldbuße nach § 153a StPO vorläufig eingestellt. Der Mandant zahlt die Geldbuße nicht, sodass das Gericht nach Ablauf der Zahlungsfrist einen neuen Termin zur Hauptverhandlung anberaumt. Hiernach verhandelt der Verteidiger mit dem Gericht und erreicht, dass die Sache außerhalb des (erneuten) Hauptverhandlungstermins nochmals gegen Zahlung einer Geldbuße vorläufig eingestellt wird. Daraufhin zahlt der Mandant die Geldbuße, sodass das Verfahren endgültig eingestellt wird.

Der Verteidiger hat zunächst einmal die Grundgebühr nach Nr. 4100 VV verdient sowie die Verfahrensgebühr nach Nr. 4106 VV.

Für die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung ist darüber hinaus die Terminsgebühr nach Nr. 4108 VV angefallen.

Keine Zusätzliche Gebühr für Einstellung in der Hauptverhandlung

Die Einstellung des Verfahrens in der mündlichen Verhandlung hat keine weitere Gebühr ausgelöst. Zum einen handelte es sich nur um eine vorläufige Einstellung, die ohnehin nicht die Zusätzliche Gebühr anfallen lässt. Ungeachtet dessen wäre diese Gebühr aber auch nicht angefallen, wenn der Mandant die Geldbuße beim ersten Mal schon gezahlt hätte. Dies hätte dann zwar zu einer endgültigen Einstellung des Verfahrens geführt; allerdings fällt in diesem Fall die Zusätzliche Gebühr nicht an, da durch diese Art der Einstellung eine mündliche Verhandlung nicht vermieden wird. Die Einstellung erfolgt nämlich noch in der mündlichen Verhandlung, auch wenn sie erst nach der mündlichen Verhandlung durch Zahlung der Auflage wirkt. Dies hat der BGH bereits klargestellt.

 

Anfall einer Zusätzlichen Gebühr bei vorläufiger Einstellung des Verfahrens in der Hauptverhandlung

Die Zusatzgebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 4141 VV fällt nicht an, wenn ein Strafverfahren in der Hauptverhandlung nach § 153a StPO vorläufig eingestellt wird und nach Erbringung der Auflage die endgültige Einstellung erfolgt.

BGH, Urt. v. 14.4.2011 – IX ZR 153/10, AGS 2011, 419 = zfs 2011, 524 = MDR 2011, 1014 = NJW 2011, 3166 = Rpfleger 2011, 631 = JurBüro 2011, 584 = Schaden-Praxis 2012, 88 = RVGprof. 2011, 162 = NJW-Spezial 2011, 637 = RVGreport 2011, 384 = BRAK-Mitt 2011, 299

Dem folgt die einhellige Instanzrechtsprechung:

 
Hinweis

Die Zusatzgebühr nach Anm. Abs. 1 zu Nrn. 4144, 4118 VV fällt nicht an, wenn ein Strafverfahren in der Hauptverhandlung nach § 153a StPO vorläufig und nach Erbringung der Auflage endgültig eingestellt wird (Anschluss BGH v. 14.4.2011 – IX ZR 153/10, AGS 2011, 419).

OLG Celle, Beschl. v. 3.5.2018 – 1 AR (P) 14/18, AGkompakt 2018, 98

 
Hinweis

Die Zusätzliche Verfahrensgebühr nach Nr. 4141 Abs. 1 Nr. 1 VV entsteht bei Einstellung des Verfahrens nach § 153a StPO nur, wenn die Einstellung nach Aussetzung der Hauptverhandlung erfolgt, nicht aber bei Abkürzung des Hauptverhandlungstermins durch Einstellung. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob durch die Einstellung Fortsetzungstermine vermieden werden.

AG Hannover, Urt. v. 17.7.2018 – 571 C 4229/18, AGS 2018, 561 = RVGprof. 2018, 182 = RVGreport 2018, 458

 
Hinweis

1. Die Gebühr nach Nr. 4141 Abs. 1 Nr. 1 VV entsteht nicht, wenn im Rahmen der Hauptverhandlung das Verfahren nur vorläufig nach § 153a StPO eingestellt wird. Denn der Hauptverhandlungstermin ist dadurch nicht entbehrlich geworden.

2. Dass im Falle der Nichterfüllung der Auflage eine neue Hauptverhandlung anberaumt werden müsste, die durch die endgültige Einstellung vermieden werde, ist kein Gesichtspunkt, der das Entstehen der Gebühr der Nr. 4141 Abs. 1 Nr. 1 VV zu begründen vermag.

AG Bochum, Beschl. v. 22.2.2017 – 97 Ds 242 Js 674/14 – 92/14, RVGreport 2017, 180 = AGkompakt 2017, 74

Zweite Einstellung löst Zusätzliche Gebühr aus

Allerdings ist durch die "zweite Einstellung" nach § 153a StPO die Zusätzliche Gebühr angefallen. Mit der Anberaumung des neuen Hauptverhandlungstermins war die erste Einstellung hinfällig. Es drohte jetzt ein neuer erster Hauptverhandlungstermin, da das Verfahren faktisch ausgesetzt war.

In diesem Fall gilt aber, dass bei einer Einstellung des Verfahrens vor einem erneuten ersten Hauptverhandlungstermin die Zusätzliche Gebühr wieder anfallen kann, weil sie nämlich jetzt den erneuten ersten Hauptverhandlungstermin vermeidet.

 
Hinweis

Die Zusatzgebühr des Verteidigers nach Nr. 4141 VV kann auch dann entstehen, wenn bereits eine Hauptverhandlung stattgefunden hat, diese aber ausgesetzt wurde, und eine neu anzuberaumende Hauptverhandlung entbehrlich wird, weil das Verfahren danach außerhalb der Hauptverhandlung eingestellt werden kann.

BGH, Urt. v. 14.4.2011 – IX ZR 153/10, AGS 2011, 419 = zfs 2011, 524 = MDR 2011, 1014 = NJW 2011, 3166 = Rpfleger 2011, 631 = NJW-Spezial 2011, 637 = RVGreport 2011, 384

 
Hinweis

Die Zusätzliche Gebühr nach Nr. 4141 VV entsteht auch dann, wenn der Verteidiger nach dem Hauptverhandlungstermin an der endgültigen Ei...

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