Leitsatz

Eine ausreichende Mitwirkung an der Einstellung des Verfahrens i.S.d. Nr. 5115 VV liegt noch nicht vor, wenn der Rechtsanwalt sich lediglich als Verteidiger bestellt, um Akteneinsicht bittet und bereits ankündigt, dass er gegen einen eventuellen Bußgeldbescheid Einspruch einlegen wird.

AG Köln, Urt. v. 28.8.2009 – 143 C 188/09

I. Der Fall

Der Anwalt hatte sich im Bußgeldverfahren als Verteidiger bestellt, Akteneinsicht beantragt und angekündigt, gegen einen eventuell noch ergehenden Bußgeldbescheid Einspruch einzulegen. Gleichzeitig mit Übersendung der Ermittlungsakten erhielt der Verteidiger den Beschluss, wonach das Verfahren eingestellt worden sei. Der Verteidiger rechnete daraufhin bei dem Rechtsschutzversicherer des Mandanten u.a. auch eine zusätzliche Gebühr nach Nr. 5115 VV ab. Dieser verweigerte die Zahlung. Die Klage hatte keinen Erfolg.

II. Die Entscheidung

Gericht fordert ursächliche Mitwirkung

Das AG geht davon aus, dass eine Gebühr nach Nr. 5115 VV eine ursächliche anwaltliche Mitwirkung voraussetze. Der Anwalt müsse einen ersichtlichen Beitrag zum Erfolgseintritt leisten. Daran fehle es hier. Der Verteidiger habe lediglich mit Bestellungsschriftsatz um Akteneinsicht gebeten und angekündigt, dass gegen einen Bußgeldbescheid Einspruch eingelegt werde. Ferner hat er sich die Einlassung seines Mandanten zu eigen gemacht. Dieser Schriftsatz sei nicht kausal für die Einstellung des Verfahrens wegen Verfolgungsverjährung gewesen. Die Frage der Verfolgungsverjährung sei vielmehr von Amts wegen zu prüfen, wobei nicht ersichtlich sei, inwieweit die anwaltliche Tätigkeit hier zur Einstellung beigetragen haben kann. Eines Hinweises auf die Verfolgungsverjährung bedürfe es in aller Regel nicht, weil die Verjährungsfristen den Bußgeldbehörden grundsätzlich bekannt seien.

III. Der Praxistipp

Bloße Bestellung und Antrag auf Akteneinsicht reichen nicht aus

Zutreffend ist, dass die bloße Bestellung und der Antrag auf Akteneinsicht nicht ausreichen, um die zusätzliche Gebühr entstehen zu lassen. Auch die Ankündigung, gegen einen noch zu erlassenden Bußgeldbescheid Einspruch einzulegen, dürfte wohl nicht ausreichend sein.

Übernahme der Einlassung des Mandanten genügt

Hier hatte sich allerdings der Verteidiger die Einlassung seines Mandanten zu eigen gemacht und darauf Bezug genommen. Das reicht aus, zumal der Anwalt diese prüfen muss und nunmehr die Verantwortung hierfür übernimmt. Es wäre unnötige Förmelei, vom Verteidiger zu verlangen, dass er die Einlassung des Mandanten nochmals wiederholt (siehe dazu auch BGH AGS 2008, 491= AnwBl 2008, 886 = NJW 2009, 368).

Hinweis auf Verfolgungsverjährung genügt ebenfalls

Des Weiteren dürfte auch ein Hinweis auf den Eintritt der Verfolgungsverjährung als Mitwirkungshandlung genügen. Der Eintritt der Verfolgungsverjährung ist zwar von Amts wegen zu prüfen; es ist jedoch allgemein bekannt, dass Verjährungsfristen auch in Bußgeldsachen häufig übersehen werden, zumal sich hier auch häufig rechtlich schwierige Fragen stellen. Im vorliegenden Fall kann dies auf sich beruhen, da der Verteidiger zur Verjährung Ausführungen gemacht hat.

Ursächlichkeit ist nicht erforderlich – Mitwirkung genügt

Unzutreffend ist die Entscheidung ferner insoweit, als eine „ursächliche anwaltliche Mitwirkung“ vorausgesetzt wird und das Gericht fordert, dass die anwaltliche Tätigkeit „kausal für die Einstellung“ gewesen sein muss. Dies ist nicht der Fall. Ausreichend ist jede begleitende Tätigkeit, die zur Förderung des Verfahrens geeignet ist. Ob sie sich letztlich kausal auswirkt, ist insoweit unerheblich. So hätte es z.B. hier ausgereicht, wenn der Verteidiger eine umfassende Einlassung abgegeben hätte, selbst wenn dann wegen Verfolgungsverjährung eingestellt worden wäre. Umgekehrt hätte es ausgereicht, wenn der Verteidiger zur Verfolgungsverjährung Ausführungen gemacht, das Gericht dann aber mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt hätte.

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