Gegenstandswert richtet sich nach § 51 FamGKG

Wird der Anwalt außergerichtlich beauftragt, laufenden Unterhalt geltend zu machen, erhält er dafür eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV (Vorbem. 2.3 Abs. 3 VV). Der Gegenstandswert richtet sich gem. § 23 Abs. 1 S. 3 RVG nach dem Wert, der in einem gerichtlichen Verfahren gelten würde, also nach § 51 Abs. 1 und 2 FamGKG.

Danach berechnet sich der Wert bei Geltendmachung laufenden Unterhalts zum einen nach dem Wert der Beträge, die für die nächsten zwölf Monate nach Antragseinreichung gefordert werden (§ 51 Abs. 1 FamGKG). Zum anderen sind die bei Antragseinreichung fälligen Beträge hinzuzurechnen (§ 51 Abs. 2 FamGKG).

Umsetzung auf außergerichtliche Vertretung

Probleme bereitet die Umsetzung der bei Antragseinreichung fälligen Beträge auf die außergerichtliche Vertretung.

 

Beispiel

Der Anwalt ist im Mai 2019 beauftragt worden, laufenden monatlichen Unterhalt i.H.v. 1.000,00 EUR außergerichtlich geltend zu machen, und zwar rückwirkend ab Januar 2019. Die außergerichtlichen Verhandlungen führen zum Erfolg, sodass im Oktober 2019 ein Vergleich über die bis dahin fälligen Beträge sowie für zukünftige Beträge geschlossen wird.

Unstrittig ist, dass für die Zukunft zwölf Monate anzusetzen sind und die bei Auftragserteilung fälligen Beträge (Januar 2019 bis Mai 2019, 5 x 1.000,00 EUR =) 5.000,00 EUR hinzuzurechnen sind.

Die entscheidende Frage ist, ob die während der außergerichtlichen Vertretung weiter fällig gewordenen Beträge hinzuzurechnen sind.

Auffassung OLG Stuttgart

Das OLG Stuttgart lehnt dies (noch zur vergleichbaren Vorgängervorschrift des § 17 Abs. 4 GKG [1975] und zum vergleichbaren Fall der Zahlung einer Schadensersatzrente) ab:

 
Hinweis

Der Geschäftswert eines Anspruchs auf Schadenersatz durch Entrichtung einer Geldrente wegen der Tötung oder Verletzung eines Menschen ist auf den fünffachen Betrag des einjährigen Bezuges begrenzt. Diesem Wert sind nur Rückstände aus der Zeit vor der ersten Geltendmachung des Anspruchs hinzuzurechnen. Im Verlauf der Verhandlung fällig werdende Raten erhöhen zwar die Forderung, aber nicht den Geschäftswert der Sache.

LG Stuttgart, Urt. v. 22.2.1978 – 13 S 60/77, AnwBl 1978, 234 = RuS 1978, 157

Die gleiche Auffassung vertritt das OLG Bamberg bei Abschluss eines Mehrwertvergleichs:

 
Hinweis

Werden in einem Vergleich Unterhaltsansprüche für Vergangenheit und Zukunft geregelt, die zuvor nur Gegenstand anwaltschaftlichen Schriftwechsels, aber nicht bei Gericht anhängig waren, so sind nicht die bis zum Vergleichsabschluss entstandenen, sondern allenfalls diejenigen Unterhaltsbeträge als Rückstand i.S.d. § 17 Abs. 4 GKG [jetzt § 51 Abs. 2 FamGKG] entsprechend zu werten, die vor der erstmaligen anwaltschaftlichen Zahlungsaufforderung fällig waren.

OLG Bamberg, Beschl. v. 30.11.1994 – 2 UF 138/93, FamRZ 1996, 504

Danach würde sich also nur ein Gegenstandswert ergeben i.H.v.

 
Praxis-Beispiel
 
1. auf die Auftragserteilung folgende zwölf Monate  
  (Juni 2019 bis Mai 2020), 12 x 1.000,00 EUR 12.000,00 EUR
2. bei Auftragserteilung fällige Beträge  
  (Januar 2019 bis Mai 2019), 5 x 1.000,00 EUR 5.000,00 EUR
Gesamt 17.000,00 EUR

Auffassung OLG Nürnberg

Das OLG Nürnberg (ebenfalls noch zur vergleichbaren Vorgängervorschrift des § 17 Abs. 4 GKG [1975] und zum vergleichbaren Fall der Zahlung einer Schadensersatzrente) rechnet dagegen die bis zur Beendigung der außergerichtlichen Vertretung weiter fällig werdenden Beträge hinzu:

 
Hinweis

Die dem Gegenstandswert gem. § 8 Abs. 1 S. 2 BRAGO [jetzt § 23 Abs. 1 S. 3 RVG] i.V.m. § 17 Abs. 4 GKG 1975 hinzuzurechnenden Beträge auf Zahlung wiederkehrender Leistungen sind im Fall der vorgerichtlichen Einigung nach den bis zum Abschluss des Vergleichs fällig werdenden Ansprüchen zu berechnen.

OLG Nürnberg, Urt. v. 8.1.2002 – 3 U 3129/01, AGS 2002, 232

Danach würde sich ein höherer Gegenstandswert ergeben, nämlich i.H.v.

 
Hinweis
 
1. auf den Abschluss des Vergleichs folgende zwölf Monate  
  (November 2019 bis Oktober 2020), 12 x 1.000,00 Euro 12.000,00 EUR
2. bei Abschluss des Vergleichs fällige Beträge  
  (Januar 2019 bis Oktober 2019), 10 x 1.000,00 EUR 10.000,00 EUR
Gesamt 22.000,00 EUR

Weitere fällig werdende Beträge sind hinzuzurechnen

Zutreffend ist die Auffassung des OLG Nürnberg. Der Denkfehler des OLG Stuttgart und des OLG Bamberg liegt darin, dass sie den Zeitpunkt der Klageerhebung im Falle der außergerichtlichen Vertretung mit dem Tag der Auftragserteilung gleichstellen. Dabei verkennen die Gerichte, dass auch im gerichtlichen Verfahren nicht auf den Auftrag abgestellt wird. Der Monat der Auftragserteilung und der der Antragseinreichung können nämlich auch dort auseinanderfallen. Abgestellt wird aber nicht auf den Auftrag, sondern auf den Tag der Antragseinreichung. Abgesehen davon gibt es im Falle einer außergerichtlichen Vertretung es keine Klageerhebung. Die Besonderheit, dass in einem gerichtlichen Verfahren nach Klageerhebung bzw. Antragseinreichung weitere fällige Beträge bei der Wertfestsetzung nicht mehr h...

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