Entscheidungsstichwort (Thema)

Widerruf der Zulassung zur Anwaltschaft wegen Vermögenverfalls. Folgen der Nichtabgabe von Steuererklärungen trotz Aufforderung unter Fristsetzung vom Finanzamt

 

Normenkette

BRAO §§ 1-3; AGVwGO NRW § 6; InsO § 306 Abs. 1 S. 3

 

Verfahrensgang

BGH (Entscheidung vom 12.05.2005; Aktenzeichen AnwZ (B) 14/05)

BGH (Beschluss vom 18.10.2004; Aktenzeichen AnwZ (B) 43/03)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe gleicher Höhe leistet.

4. Der Geschäftswert wird auf 50.000,00 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Der 1949 geborene Kläger bestand 1979 sein zweites Staatsexamen. Im selben Jahr erfolgte die Zulassung zur Anwaltschaft. Er unterhielt seine Kanzlei zunächst mit seinem früheren Schulfreund und damaligen Rechtsanwalt N2 in P2. Später wurde die Sozietät um mehrere Partner erweitert und zu einer überörtlichen Sozietät ausgebaut. Anfang 1996 gehörten ihr neben dem Kläger der Rechtsanwalt N2 und Rechtsanwalt T in P2, Rechtsanwalt L in E und Rechtsanwalt P in D an. Weitere Rechtsanwälte waren als Angestellte oder freie Mitarbeiter in den drei Niederlassungen tätig. Spätestens seit Beginn der 90er-Jahre engagierte sich der Kläger gemeinsam mit seinem Partner N2 in verschiedenen Immobiliengeschäften und Unternehmensbeteiligungen. Dies führte in der Folge zu massiven wirtschaftlichen Schwierigkeiten, in deren Folge ein Widerrufsverfahren gegen den Partner Rechtsanwalt N2 eingeleitet wurde. Dies endete damit, dass Rechtsanwalt N2 aufgrund Verzichts am 13. September 1996 seine Zulassung verlor. Der Vermögensverfall des Sozius N2 hatte ferner zur Folge, dass sich die Gläubiger wegen der Verbindlichkeiten nun verstärkt an den Kläger hielten, der dadurch ebenfalls zunehmend in wirtschaftliche Schwierigkeiten geriet.

Neben dem Beruf des Rechtsanwalts übte der Kläger seit 1989 das Amt des Notars aus. Aus diesem Amt wurde der Kläger auf eigenen Antrag durch Erlass vom 14. Mai 1997 entlassen.

 

Entscheidungsgründe

II.

1.

Mit Bescheid vom 23. Juni 2010, dem Kläger zugestellt am am 24. Juni 2010, widerrief die Beklagte die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls. Die Beklagte stützt ihren Bescheid darauf, dass der Kläger am 7. April 2010 die eidesstattliche Versicherung abgegeben habe. Außerdem laufe ein Insolvenzeröffnungsverfahren, nachdem der Kläger am 1. Juni 2010 beim Amtsgericht E3 unter dem Aktenzeichen X Insolvenzantrag mit Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt habe. Die Gesamtforderung, der sich der Kläger ausgesetzt sieht, beläuft sich auf knapp 2,7 Mio. Euro.

Das Insolvenzgericht sah gem. § 306 Abs. 1 S. 3 InsO von der Durchführung des Verfahrens über den Schuldenbereinigungsplan ab, weil mit einer Annahme des Planes offensichtlich nicht zu rechnen war. Es gab aber durch Beschluss vom 6. Mai 2010 ein Gutachten über die Frage in Auftrag, ob eine kostendeckende Masse vorhanden sei. Nach dem Ergebnis dieses Gutachtens ist der Schuldner zahlungsunfähig i. S. v. § 17 Abs. 2 InsO. Eine die Verfahrenskosten deckende Masse liegt nicht vor. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens könne nur dann erfolgen, wenn dem Kläger die Verfahrenskosten für das eröffnete Insolvenzverfahren gem. § 4 a, Abs. 1, 3 InsO gestundet werden. Eine Entscheidung des Insolvenzgerichts über diese Anregung steht bis zum Tage der mündlichen Verhandlung aus.

2.

Mit der vorliegenden Klage wendet sich der Kläger gegen den Widerruf der Zulassung und beantragt,

die Widerrufsverfügung der Beklagten aufzuheben.

Zur Begründung führt er aus: Der Vermögensverfall werde nicht bestritten. Es liege aber keine Gefährdung der Interessen der Rechtssuchenden vor: Er sei nämlich seit dem 7. Dezember 2009 – in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat sprach er hingegen vom 1. Januar 2010 – bei den Rechtsanwälten Dr. Q und Partner, N als angestellter Rechtsanwalt tätig. Die regelmäßige Arbeitszeit betrage 30 Stunden in der Woche. Mehr zu arbeiten sei ihm zurzeit aus gesundheitlichen Gründen nach mehreren schweren Darmoperationen nicht möglich. Das Monatsgehalt belaufe sich auf 1.886,00 EUR brutto. Im Vertrag heißt es weiter:

„Es ist Ihnen untersagt, eigene Mandate anzunehmen und auf eigene Rechnung tätig zu werden. Mandate dürfen von Ihnen ausschließlich im Auftrag und auf Rechnung der Partnerschaftsgesellschaft angenommen werden. Sie haben keine Geldempfangsvollmacht, weder für eigene Gelder der Partnerschaftsgesellschaft noch für Fremdgelder. Gelder sind auf unser Kanzlei-Bankkonto von den Leistenden unmittelbar einzuzahlen. Nach außen haben Sie den Anschein zu vermeiden, Partner der Gesellschaft zu sein. Jeglichen Schriftverkehr mit Dritten haben Sie daher zu unterzeichnen durch ein Voranstellen des Kürzels „i. V.” wie folgt dargestellt:

Mit...

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