Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, die im Gebäude … im 3. OG links gelegene Wohnung Nr. 877 mit 34,36 m² Wohnfläche zu räumen und geräumt an die Klägerin herauszugeben.

2. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 1.000,00 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Dem Schuldner wird eine Räumungsfrist von einem Monat ab Rechtskraft des Urteils bewilligt.

 

Tatbestand

Der Beklagte ist Mitglied der Klägerin und aufgrund schriftlichen Vertrages vom 16.08.1994 zur Nutzung der im Tenor zu 1 bezeichneten Wohnung gegen Entgelt berechtigt. Im § 4 Abs. 4 des Mietvertrages ist die Möglichkeit zur fristlosen Kündigung durch die Genossenschaft geregelt. Die Klägerin hat dem Beklagten durch Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 01.08.2002 schriftlich fristlos gekündigt. Hinsichtlich der Begründung wird auf die Anlage K 2 (Bl. 15–17 GA) Bezug genommen.

Die Klägerin trägt unter Bezugnahme auf ihr Kündigungsschreiben vor, der wichtige Grund zur Kündigung habe darin bestanden, weil der Beklagte über mehrere Monate fortlaufend mehrmals täglich in die Kellerräume urinierte, was zu einem extrem abstoßenden, penetrant riechenden, an Fäkalien und Kanalisation erinnernden Geruch geführt habe. Das habe sämtliche Mieter zu massiven Protesten ihr gegenüber bewegt. Sie habe sich intensiv bemüht, den Grund der aus dem Kellerbereich ausgehenden unangenehmen Gerüche und der dort immer wieder neu auftretenden Feuchtigkeitserscheinungen erkunden und beseitigen zu lassen. Die Klägerin trägt unter Vorlage von sechs schriftlichen Aufträgen unter anderem an eine Heizung – Klima – Sanitärfirma, eine Schädlingsbekämpfungsfirma sowie an die Trinkwasserversorgung/Abwasser Rowa GmbH ihre Bemühungen vor, die Ursache zu ermitteln. Als alles nicht gefruchtet habe, habe sie – was unstreitig ist – eine Fachfirma mit der Installation einer Videoüberwachungs- und -aufzeichnungsanlage im betreffenden Kellerbereich beauftragt. Auf den Videoaufzeichnungen sei deutlich zu sehen, wie der Beklagte durchgängig über mehrere Tage mehrmals täglich in den fraglichen Kellerbereich uriniert habe.

Die Klägerin beantragt,

wie erkannt. Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat zunächst sämtlichen Vortrag der Klägerin bestritten und den Hinweis des Gerichts auf die Entscheidung des OLG Karlsruhe vom 08.11.2001 aufgegriffen. Er ist der Auffassung, die Videoüberwachung stelle einen schwerwiegenden Eingriff in sein Persönlichkeitsrecht dar, so dass diese nicht verwertbar seien. Im weiteren Verlauf des Rechtsstreits hat er vorgetragen, er sei am 14.05.2002 und 25.06.2003 operiert worden. Bei diesen beiden Operationen sei ihm jeweils ein Weisheitszahn entfernt worden, aber er sei auch krank geschrieben gewesen. Er habe im Anschluss an die Operationen jeweils drei Wochen lang Schmerztabletten einnehmen müssen, was bei ihm zu Gedächtnislücken geführt habe. Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat er nach Belehrung hinsichtlich seiner Wahrheitsverpflichtung erklärt, er könne die ihm vorgeworfenen Taten nicht bestreiten. Er könne sich an das erste Halbjahr 2002 nicht erinnern.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Augenscheinseinnahme zweier Videobänder. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 10.03.2003 (Bl. 74–76 GA) Bezug genommen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, insbesondere das des Beklagten vom 24.02.2003 Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die Klägerin war nach § 4 Abs. 4 i.V.m. § 8 Allgemeine Vertragsbestimmungen berechtigt, das Nutzungsverhältnis ohne Einhaltung einer Frist schriftlich zu kündigen. Der Beklagte hat schuldhaft in einem Maße seine Verpflichtungen verletzt, dass der Klägerin die Fortsetzung des Nutzungsverhältnisses nicht zugemutet werden kann (Nr. 8 b AVB). Dies steht zur Überzeugung des Gerichts fest. Die gerichtliche Augenscheinseinnahme hat ergeben, dass der Beklagte in eine Ecke im klägerischen Keller urinierte. In mindestens zwei Fällen wurde der Beklagte zu zwei unterschiedlichen Tageszeiten auf dem Videoüberwachungsband festgehalten, wie er den Kellerraum betrat und sich in eine Ecke begab und die Hose öffnete. Deutlich zu sehen war sodann wie er sich anschließend umdrehte, sodass er von vorne mit offener Hose zu sehen war, die er sodann schloss. Anschließend ist er in den Keller gegangen, einmal hat er sein Fahrrad dort untergestellt. Der Beklagte selbst hat eingeräumt, die Person auf dem Videoüberwachungsband zu sein. Dass der Urinstrahl nicht zu sehen war, liegt zum einen daran, dass der entsprechende Teil des Videos durch einen Balken und auch durch den Beklagten, der insoweit nur von hinten zu sehen war, verdeckt war. Darauf kommt es aber nach Auffassung des Gerichts nicht an. Es sind nämlich die typisch...

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