Entscheidungsstichwort (Thema)

Restschuldbefreiung: Versagung bei Freigabe der selbständigen Tätigkeit nach § 300 InsO. Maßstab für die Versagung der Restschuldbefreiung vor Beendigung des Insolvenzverfahrens bei Freigabe der selbstständigen Tätigkeit ist § 290 Abs.1 Nr. 5 InsO. Versagung der Restschuldbefreiung vor Beendigung des Insolvenzverfahrens bei Freigabe der selbstständigen Tätigkeit wegen des Nichterteilens von Auskünften über die Einnahmen und Ausgaben. Bedeutung des fiktiven Einkommens für die Versagung der Restschuldbefreiung

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Versagung der Restschuldbefreiung vor Beendigung des Insolvenzverfahrens richtet sich auch bei einer freigegebenen selbständigen Tätigkeit bei Nichterteilen von Auskünften über die Einnahmen und Ausgaben und Nichtabführung von tatsächlich pfändbaren Einkommensanteilen nach § 290 I Nr. 5 InsO. Auf ein fiktives Einkommen im Sinne des § 295 II InsO ist hingegen nicht abzustellen.

 

Normenkette

InsO §§ 300, 35 Abs. 2, § 295 Abs. 2, §§ 296, 290 Abs. 1 Nr. 5

 

Tenor

wird dem Schuldner die Restschuldbefreiung versagt.

Die durch den Versagungsantrag verursachten Kosten des Verfahrens trägt der Schuldner; für die Gerichtskosten haftet jedoch im Verhältnis zur Staatskasse vorrangig der Versagungsantragsteller.

Gegenstandswert (§ 28 RVG): -4.000,00 EUR.

 

Tatbestand

I.

Der Schuldner ist selbständiger Architekt. Über sein Vermögen wurde am 12.05.04 das Insolvenzverfahren eröffnet, vgl. Bl. 16 f. GA, welches bis heute noch nicht abgeschlossen ist. Die Stundung wurde unter dem 08.12.05 wegen ausreichender Massekostendeckung aufgehoben, vgl. Bl. 135 GA.

Da der Schuldner weiter freiberufl. als Architekt tätig sein wollte, schlossen der Verwalter und der Schuldner unter dem 24.05.04 eine Freigabevereinbarung, wonach der Schuldner u.a. seine Betriebsergebnisse durch monatliche Einnahmen-Überschussrechnungen nachzuweisen hatte und dem Verwalter ein Einsichtsrecht in die Buchhaltungsunterlagen zukam, sowie der Schuldner -70 % des Betriebsüberschusses, der 1.000 Euro monatlich übersteigt, an den Insolvenzverwalter abzuführen hatte, vgl. Bl. 48 f. GA. In seinem Bericht v. 14.07.11, Bl. 59 GA, gibt der Insolvenzverwalter trotz der Unterschrift des Schuldners auf Bl. 48 GA hingegen an, dass der Schuldner die mehrfach übersandte Freigabe – und Abführungsvereinbarung ihm erst in 2008 unterschrieben zurück gesandt habe, vgl. den Bericht vom 20.10.07 des Insolvenzverwalters, Bl. 176 GA.

Jedenfalls erteilte der Schuldner während der gesamten Dauer der Wohlverhaltensphase keine Auskünfte über seine Einnahmen und führte keine Beträge ab. Der Schuldner musste zudem mehrfach zur Mitwirkung aufgefordert werden, vgl. z.B. Bl. 153 GA. Auch ergingen Vorführbefehle, vgl. z.B. Bl. 166 GA.

Im Termin zur Auskunftserteilung am 29.06.10 erklärte der Schuldner, dass er nicht wisse, warum er die Einnahmen- und Ausgabenrechnungen dem Insolvenzverwalter nicht vorgelegt habe. Diese befänden sich in seinem Büro, seien aber noch nicht vollständig. Auch lese er seine Post nicht mehr, weil ihn das sehr angreife. Dies erledigten seine Söhne, vgl. Bl. 225 GA.

Der Insolvenzverwalter erstattete Strafanzeige gegen den Schuldner. Die Staatsanwaltschaft lehnte hingegen die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens ab, vgl. Bl. 234 GA.

Unter dem 13.07.11 hat das Insolvenzgericht nach Ablauf der Laufzeit der Abtretungserklärung eine 3-Wochenfrist zur Stellung eines Versagungsantrags (vor Beendigung des Insolvenzverfahrens) gesetzt, vgl. Bl. 273 GA.

Die Insolvenzgläubigerin S stellte unter dem 20.07.11 einen Restschuldbefreiungsversagungsantrag unter Bezugnahme auf die Nichterteilung von Auskünften und die Nichtabführung von Gewinnanteilen hins. des freigegebenen Gewerbebetriebs an den Insolvenzverwalter. Insofern berief sie sich auf die eigene Aussage des Schuldners im Termin vom 29.06.10 und den Bericht des Insolvenzverwalters vom 12.07.10, vgl. Bl. 278 GA.

Die Insolvenzgläubigerin Frau B (vgl. Bl. 52 GA) stellte durch ihren Verf.bev. unter dem 28.07.11 einen Versagungsantrag mit gleicher Begründung.

Gleiches gilt für das F als weitere Insolvenzgläubigerin unter dem 12.08.11. Allerdings verweist das F zusätzl. auf Erklärungs- und Zahlungspflichtverletzungen seitens des Schuldners ihm gegenüber in Bezug auf das freigegebenen Gewerbe, vgl. Bl. 290 ff. GA.

Der Schuldner äußerte sich innerhalb der gesetzten Anhörungsfrist nicht weiter.

 

Entscheidungsgründe

II.

1.

Die Versagungsanträge sind zulässig und begründet gem. §§ 300 I, II, 295 II (entsprechend), 35 II, 290 I Nr. 5 InsO.

a)

Die Antragsteller sind alle Insolvenzgläubiger und haben den Antrag binnen der gesetzten Frist gestellt. Einer Glaubhaftmachung bedurfte es aufgrund des unstreitigen Sachverhaltes im Übrigen nicht.

b)

Nach der hier vertretenen Auffassung ist als Versagungsgrund § 290 I Nr. 5 InsO und nicht § 295 II InsO einschlägig. Diesen hat der Schuldner erfüllt (ebenso wie er auch den Versagungsgrund des § 295 II InsO erfüllt hätte, wenn man diesen für einschlägig hielte).

So hat d...

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