Verfahrensgang

AG Wiesbaden (Urteil vom 12.11.2001)

 

Tenor

Das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Wiesbaden vom 12.11.2001 wird aufrechterhalten.

Die Klägerin hat die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird gestattet, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Zahlung einer Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Tatbestand

Die Beklagte ist Mieterin einer etwa 75 qm großen Wohnung im zweiten Obergeschoß des Hauses Moritzstraße 25. In das Mietverhältnis ist die Klägerin auf Vermieterseite eingetreten. Der derzeit zu zahlende Nettomietzins beläuft sich auf DM 630,00.

Mit Schreiben vom 05.10.1999 (Blatt 5 der Akten) teilte die Klägerin mit, dass an der Rückfront des Hauses ein Balkonanbau geplant sei. Der Zugang solle vom Schlafzimmer und der Küche aus erfolgen. Die Kosten wurden auf DM 28.075,89 pro Balkon geschätzt.

In der Folgezeit wurde der Balkon angebaut. Der Einbau der Balkontüren wurde von der Beklagten verweigert.

Mit Schreiben vom 13.10.2000 (Blatt 49 der Akten) machte die Klägerin eine Mieterhöhung um DM 160,04 ab dem 01.01.2001 geltend ausgehend von Kosten in Höhe von 17.458,69 DM für den Balkonanbau ohne Einbau von Türen. Mit der Klage begehrt die Klägerin die Duldung der Beklagten von dem Einbau der Balkontüren sowie Zahlung des Erhöhungsbetrages für den Zeitraum Januar bis August 2001 in Höhe von insgesamt DM 1.280,32.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Beklagte den Balkonanbau geduldet habe. Es handele sich um eine erhebliche Wertverbesserung.

Die Klägerin hat ursprünglich beantragt, die Beklagte zu verurteilen, den Einbau von Balkontüren zu dulden sowie DM 1.280,32 zu zahlen. Durch Versäumnisurteil vom 12.11.2001 (Blatt 34 der Akten) ist die Klage abgewiesen worden. Nachdem die Klägerin fristgerecht Einspruch eingelegt hat,

beantragt sie nunmehr,

das Versäumnisurteil aufzuheben und

  1. die Beklagte zu verurteilen, den Einbau von Balkontüren zu dem bereits an der Südwestseite des Hauses angebrachten Balkon in der an diesen Balkon angrenzenden Küche und dem Schlafzimmer zu dulden;
  2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin DM 1.280,32 zuzüglich 9 % Zinsen ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.

Sie ist der Ansicht, dass eine Duldung des Balkonanbaus durch sie nicht erfolgt sei, da dieser Anbau ohne Betreten ihrer Wohnung erfolgt sei. Sie ist weiter der Auffassung, dass ein vernünftiges Verhältnis zwischen der Mieterhöhung sowie dem zusätzlichen Wohnwert nicht gegeben sei, zudem die Wohnung durch darüberliegende Balkone dunkler geworden sei.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht begründet.

Die Beklagte ist nicht zur Duldung gemäß § 541 b BGB a.F. des Einbaus von Balkontüren verpflichtet. Grundsätzlich besteht eine Duldungspflicht dann nicht, wenn eine Modernisierungsmaßnahme eine unzumutbare Härte darstellt. Hierbei ist auch die zu erwartende Mieterhöhung zu berücksichtigen. Ein Mieter, der eine Wohnung mit bisher als normal angesehener Ausstattung gemietet hat, braucht es gegen seinen Willen nicht hinzunehmen, dass die Wohnung einen wesentlich anderen Zuschnitt erhält, wenn dieser Umstand zu einer unverhältnismässigen Mieterhöhung führt. Unter diesem Gesichtspunkt ist es dann nicht entscheidend, ob der Mieter aufgrund seiner finanziellen Lage imstande wäre, ohne größere persönliche Einschränkung die höhere Miete zu zahlen. Im vorliegenden Fall ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte bislang einen Nettomietzins von 630,00 DM zahlte. Die insgesamt zu erwartende Mieterhöhung beläuft sich auf DM 210,00 monatlich, d.h. ein Drittel des bislang gezahlten Mietzinses. Demgegenüber erscheint der gewonnene Wohnwert der Nutzung eines Balkones nicht so erheblich. Dies gilt umsomehr, als die Wohnung bislang zu relativ günstigen Bedingungen angemietet werden konnte.

Dass die Wohnung lediglich in einen allgemein üblichen Zustand versetzt würde, was dazu führen würde, dass vorgenannter Gedanke nicht zum Tragen käme, wurde von der Klägerin nicht vorgetragen. Es bestand insofern im Hinblick auf den nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 11.03.2002 auch kein Grund, in die mündliche Verhandlung wieder einzutreten. Auch dort wird nicht dargelegt, das ein Balkon allgemein üblich ist. Dies ist nur dann der Fall, wenn mindestens 2/3 der Wohnungen des gleichen Alters in der Region bereits einen Balkon aufweisen. Hier wurde lediglich auf Nachbarhäuser Bezug genommen.

Nach alledem war die Beklagte nicht verpflichtet den Balkonanbau zu dulden und ist nunmehr nicht verpflichtet, den Einbau von Balkontüren zu dulden.

Aus den obigen Darlegungen ergibt sich, dass auch eine Mieterhöhung gemäß § 3 MHG nicht geltendgemacht werden kann, da dies eine Duldungspflicht der Beklagten voraussetzt. Entgegen der Ansicht der Klägerin wurde der Anbau des Balkones auch nicht geduldet. Die Beklagte hat dem zw...

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