Nachgehend

BGH (Urteil vom 18.02.2010; Aktenzeichen Xa ZR 95/06)

 

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt,

a)

an den Kläger zu 1.

b)

an den Kläger zu 2.

c)

an die Klägerin zu 3.

jeweils nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit 14.09.2005 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Gerichtskosten haben der Kläger zu 1. 42 %, der Kläger zu 2. 22 %, die Klägerin zu 3. 22 % und die Beklagte 14 % zu tragen.

Von den außergerichtlichen Kosten haben zu tragen:

Der Kläger zu 1. 79 % der eigenen und 42 % der Beklagten erwachsenen Kosten;

die Kläger zu 2. und 3. je 94 % der eigenen und je 22 % der der Beklagten entstandenen Kosten;

die Beklagte 14 % der eigenen und 21 % der dem Kläger zu 1. und je 6 % der den Klägern zu 2. und 3. erwachsenen Kosten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der vollstreckbaren Beträge abzuwenden, falls nicht die jeweilige Gegenseite vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Tatbestand

Die Beklagte betreibt ein Charterflugunternehmen. Die Kläger und die Ehefrau des Klägers zu 1. buchten bei der Beklagten Flüge von Frankfurt nach Toronto und zurück. Der Rückflug Flug Nr. DE 6079 am 09.07.2005 von Toronto nach Frankfurt war mit der planmäßigen Abflugszeit 16:20 Uhr, Ankunft am Folgetag um 6:00 Uhr Ortszeit ausgeschrieben. Die Abflugszeit wurde zunächst verlegt. Gegen Mitternacht erhielten die Passagiere die bereits aufgegebenen Koffer ausgehändigt und wurden in ein Hotel verbracht. Die Beförderung erfolgte sodann vom 10.07. auf 11.07.2005 unter der gleichen Flugnummer. Das Flugzeug erreichte Frankfurt ca. 25 Stunden nach der vereinbarten Zeit. Mit der Klage begehren die Kläger, der Kläger zu 1. teilweise auch aus abgetretenem Recht seiner Ehefrau, Schadenersatz. Ihre Ansprüche beziffern sie wie folgt:

1.

Ausgleichszahlungen nach Art. 7 der Verordnung (EG)

vom 11.02.2004

2.

Verdienstausfall des Klägers zu 1.

3.

Sitzplatzreservierungsgebühren

4.

Bahnfahrt

Hilfsweise begehren die Kläger Minderung des Flugpreises.

Die Kläger behaupten, der gebuchte Rückflug sei nicht zeitlich verschoben, sondern annulliert worden. Auf den Anzeigetafeln am Flughafen sei der Hinweis "cancelled", erschienen, nicht hingegen, "delayed" (Beweis: Vernehmung der Erika Bevc-Sturgeon als Zeugin). Eine gleichartige Durchsage habe am 09.07.2005 gegen 23:30 Uhr auch der Kapitän des Flugzeuges vorgenommen (Beweis: Vernehmung der Erika Bevc-Sturgeon als Zeugin). Durch die verzögerte Ankunft in Frankfurt seien neue Fahrscheine für die Bahnfahrt zu lösen gewesen, da die für den Vortag gekauften verfallen seien. Zudem sei dem Kläger zu 1. vom Arbeitgeber ein Tag zusätzlicher Urlaub in Anrechnung gebracht worden.

Die Kläger beantragen,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger zu 1. , an die Kläger zu 2. und 3 je , jeweils nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit 17.07.2005 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, vorliegend sei der Flug verspätet durchgeführt, jedoch nicht annulliert worden. Der Flug sei auf Grund nicht vorhersehbarer technischer Beanstandungen nicht pünktlich abgeflogen. Probleme seien an einem Triebwerk sowie an der Treibstoffanzeige aufgetreten. Die Reparaturarbeiten seien um 23:10 Uhr beendet gewesen (Beweis: Vernehmung der Simone Eckebrecht und des Udo Linder als Zeugen). Die vorgesehene Crew habe Grippesymptome gezeigt und habe ausgetauscht werden müssen (Beweis: Vernehmung des Udo Linder und der Frau Häusler als Zeugen).

Wegen des Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und Anlagen sowie auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nur teilweise begründet. Die Kläger haben Anspruch auf Schadenersatz und Minderung. Zu den Ansprüchen im Einzelnen:

Ausgleichsansprüche nach Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 vom 11.02.2004 (Amtsblatt Europäische Union vom 17.02.2004 L 46) stehen den Klägern nicht zur Seite. Ausgleichszahlungen schuldet die Fluggesellschaft einzig bei Annullierung des Fluges oder Nichtbeförderung des Fluggastes (Art. 5 Abs. 1c sowie Art. 4 Abs. 3 der Verordnung). Bei Verspätungen, hier geregelt in Art. 6 der Verordnung, sind einzig Unterstützungsleistungen nach Art. 9 zu gewähren. Bei Verspätungen über 5 Stunden kann der Passagier darüber hinaus vom Beförderungsvertrag zurücktreten und Erstattung der Flugscheinkosten verlangen. Im vorliegenden Fall liegt einzig eine erhebliche Verspätung, hingegen keine Annullierung des Fluges vor. Denn der Flug ist unter der gleichen Flugnummer am Folgetag durchgeführt worden. Annullierung ist jedoch die Nichtdurchführung eines geplanten Fluges (Art. 2 l der Verordnung). Die Ausgabe des Gepäckes an die Passagiere war im Hinblick auf die Übernachtung der Fluggäste im Hotel geschuldet. Zur Hotelunterbringung war die Beklagte nach Art. 6 Abs. 1 ii, Art. 9 Abs. 1 b der Verordn...

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