Entscheidungsstichwort (Thema)

Obliegenheit des Schuldners in der Insolvenzzur Herausgabe der Hälfte einer nicht aus Bargeld bestehenden Erbschaft anden Treuhänder. Eintritt des Treuhänders in eineungeteilte Erbengemeinschaft zur Erfüllung der Herausgabepflicht aus§ 295 Abs. 1 Nr. 2 Insolvenzordnung (InsO). Obliegenheit des Schuldners zur Ermöglichung der Herausgabe der Hälfte des Wertes einer Erbschaft undzur Anzeige der Erbschaft gegenüber dem Treuhänder

 

Normenkette

InsO §§ 291, 292 Abs. 1, §§ 295, 295 Abs. 1 Nrn. 2-3

 

Tenor

… wird der Antrag des Herrn … Versagungsantragsteller vom 14.5.2006, dem Schuldner die Restschuldbefreiung zu versagen, zurückgewiesen.

Der Versagungsantragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Gründe

Das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners wurde am 23.4.2003 eröffnet. Durch Beschluss vom 29.1.2004 wurde dem Schuldner die Restschuldbefreiung gemäß §291 InsO angekündigt. Mit Schreiben vom 14.5.2006 beantragte Herr Tietz dem Schuldner die Restschuldbefreiung zu versagen, da der Schuldner eine Erbschaft gemacht habe.

Eine Versagung der Restschuldbefreiung in der Wohlverhaltensperiode ist nur möglich, wenn der Schuldner die in§295 InsO geregelten Obliegenheiten verletzt. Gemäß §295 Abs. 1 Ziffer 2 InsO ist der Schuldner verpflichtet Vermögen, das er von Todes wegen erwirbt, zur Hälfte des Wertes an den Treuhänder herauszugeben. Der Schuldner ist zu 1/5 Erbe der am 19.8.2005 verstorbenen Charlotte Wilke. Der Nachlass der Frau Charlotte Wilke besteht aus einem Grundstück, eingetragen im Grundbuch von Bollewick Blatt 301. Eine Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft ist bisher nicht erfolgt. Beim Amtsgericht Waren wurde deshalb die Zwangsversteigerung des Grundstücks zur Aufhebung der Erbengemeinschaft beantragt (7 K 25/06). Durch das Zwangsversteigerungsgericht wurde durch Beschluss vom 16.8.2006 ein Sachverständiger mit der Bewertung des Grundstücks beauftragt. Nach Vorlage des Gutachtens wird dann ein Termin zur Zwangsversteigerung anberaumt.

Eine Verwertung des Nachlasses und Aufteilung des Nachlaßvermögens auf die Erben ist bisher nicht erfolgt.

Es liegt noch keine Rechtsprechung dazu vor, wie die Herausgabe der Hälfte einer Erbschaft an den Treuhänder durch den Schuldner erfolgen soll, wenn die Erbschaft wir hier nicht aus Bargeld besteht. Nach dem Wortlaut des §295 Abs. 1 Ziffer 2 InsO hat der Schuldner nicht die Hälte der Erbschaft an den Treuhänder herauszugeben sondern die Hälfte des Wertes der Erbschaft. Dies bedeutet, dass der Schuldner ausschließlich zur Herausgabe entsprechender Geldmittel an den Treuhänder verpflichtet ist. Dazu muss ein aus Sachwerten bestehender Nachlass zunächst durch den Schuldner bzw. die Erbengemeinschaft verwertet werden. In der Literatur wird teilweise die Auffassung vertreten, dass der Schuldner verpflichtet sei, die Vermögensgegenstände des Nachlasses auf den Treuhänder zu übertragen bzw. vor der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft die Höhe seines Erbteil auf den Treuhänder zu übertragen und diesen in die Erbengemeinschaft eintreten zu lassen. Dieser Auffassung kann sich das Gericht nicht anschließen. Im Gesetz wird ausdrücklich die Herausgabe des „Wertes” und nicht der Erbschaft gefordert. Es würde auch die Rechtsstellung des Treuhänders sprengen, wenn dieser für die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft und die Verwertung des Nachlassvermögens verantwortlich gemacht wird. Gemäß §292 Abs. 1 InsO besteht die Aufgabe des Treuhänders in der Wohlverhaltensperiode ausschließlich darin, aus der Abtretung erhaltene Beträge oder sonstige Leistungen des Schuldners als Sondervermögen zu verwahren und an die Gläubiger zu verteilen. Eine Verwertungsbefugnis steht dem Treuhänder nicht zu.

Die Obliegenheit des Schuldners besteht im vorliegenden Fall darin, an der Auflösung der Erbengemeinschaft und der Verwertung des Grundstücks im erforderlichen Umfang mitzuwirken und keine Ursachen für eine Verzögerung des Zwangsversteigerungsverfahrens zu setzen. Nach der Verwertung des Grundstücks im Rahmen des Zwangsversteigerungsverfahrens ist der Schuldner dann verpflichtet, die Hälfte seines Anteils an den Treuhänder auszuzahlen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt besteht keine Zahlungspflicht des Schuldners, da noch keine Verwertung des Nachlasses erfolgt ist. Gemäß §295 Abs. 1 Ziffer 2 InsO besteht die Obliegenheit des Schuldners in der Herausgabe der Hälfte des Wertes der Erbschaft und nicht in der unverzüglichen Anzeige der Erbschaft gegenüber dem Treuhänder. Es ist für die Versagung der Restschuldbefreiung daher unrelevant, ob der Schuldner den Treuhänder unverzüglich über den Erbfall informiert hat. Eine unterlassene unverzügliche Anzeige stellt keine Obliegenheitsverletzung im Sinne des §295 Abs. 1 Ziffer 2 InsO dar.

Die nicht unverzügliche Anzeige der Erbschaft beim Treuhänder ist auch kein Grund für die Versagung der Restschuldbefreiung gemäß §295 Abs. 1 Ziffer 3 InsO. Nach dieser Vorschrift obliegt es dem Schuldner kein durch Erbschaft erworbenes Vermö...

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