Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. Sicherheit kann auch durch Bankbürgschaft erbracht werden.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um übergegangene Unterhaltsansprüche der Mutter des Beklagten gegen diesen. Inzwischen unstreitig hat die Klägerin an die Mutter des Beklagten Sozialhilfe gewährt, wobei sie für den Zeitraum vom 01.12.2006 bis zum 31.07.2008 3.520 EUR geltend macht, monatlich mithin 176 EUR. Sie meint, der Beklagte sei seiner Mutter unterhaltspflichtig, da diese den Aufenthalt im Heim nicht aus eigenen Mitteln bestreiten konnte. Die weiteren Geschwister des Beklagten seien nicht leistungsfähig. Da der Beklagte2.480,16 EUR monatlich verdiene und 727,72 EUR an seine geschiedene Ehefrau zu zahlen habe, sei er in geltend gemachter Höhe leistungsfähig.

Sie beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie übergegangenen Unterhalt für Frau Luise Horrens für den Zeitraum vom 01.12.2006 bis einschließlich 31.07.2008 in Höhe von 3.520 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er erhebt den Einwand der Verwirkung, weil die Beklagte sich zu lange Zeit mit der Durchsetzung ihres Anspruchs gelassen habe, zudem der Verjährung und meint im übrigen, schon der Unterhaltsanspruch seiner Mutter Luise Horrens sei verwirkt. Diese habe ihm keine Unterhaltsleistungen mehr seit seinem 13. Lebensjahr erbracht, so dass er bereits seit dem 01.04.1959 rentenversicherungspflichtig habe arbeiten müssen, obwohl er erst am 20.04. 1959 vierzehn Jahre alt geworden ist. Er habe eine Berufsausbildung oder längere Schulausbildung gewünscht, dies sei ihm verweigert worden. Zudem habe er seit den sechziger Jahren keinen Kontakt mehr zu seiner Mutter gehabt.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Beklagten als Partei. Auf das Protokoll vom 02.10.2009 sowie die gewechselten Schriftsätze wird Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet, weil der Mutter des Beklagten Unterhaltsansprüche gemäß § 1601 BGB nicht zustehen, diese also auch nicht auf die Klägerin übergegangen sein jkönnen.

Denn die Mutter des Beklagten hat ihre Unterhaltspflicht gemäß § 1611 BGB gegenüber dem Beklagten ihrerseits gröblich verletzt, so dass seine Inanspruchnahme grob unbillig wäre.

Denn der Beklagte hat seit seiner Bundeswehrzeit Anfang/Mitte der sechziger Jahre keinerlei Kontakt mehr zur Mutter gehabt und insbesondere statt der Unterhaltsleistung zugunsten einer Berufsausbildung des Beklagten diesen bereits mit knapp 14 Jahren auf eine Berufstätigkeit verwiesen.

Der Beklagte, dessen Aussage als einziges Beweismittel zur Verfügung steht, und die auch keineswegs den Eindruck macht, zu seinen eigenen Gunsten gefärbt zu sein, hat bekundet, er habe durchaus ein Interesse daran gehabt, welches er sogar noch konkretisieren konnte, nach der Volksschule eine Ausbildung zu machen. Es ist ihm damals nicht die Möglichkeit gegeben worden, den Schulbesuch fortzusetzen oder eine Berufsausbildung zu absolvieren.

Zwar ist durchaus die Wirtschaftslage der fünfziger Jahre zu berücksichtigen, die es insbesondere bei selbst beengten Verhältnissen der Herkunftsfamilie nicht zwingend als grobe Unterhaltspflichtverletzung erscheinen liessen, wenn Kinder bereits früh ins Erwerbsleben eintreten mußten. Allerdings sind in Relation dazu auch deswegen an eine Unterhaltspflichtverletzung andere Maßstäbe anzulegen, weil die Inanspruchnahme wegen Elternunterhalts unter den damaligen Bedingungen schon wegen der Lebenserwartung und der völlig anderen sozialen Bedingungen eine seltene Ausnahme darstellte. So wie heute die Verweigerung des Ausbildungsunterhalts als grobe Verfehlung angesehen werden würde, die einen Unterhaltsanspruch entfallen ließe, muß unter den Bedingungen der fünfziger und sechziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts ein anderer Maßstab angelegt werden, da auch die Inanspruchnahme für den Elternunterhalt sehr viel seltener in Frage kam. Mag demnach auch zu den Bedingungen der Jahre 1959 ff. die Verweigerung des Ausbildungsunterhalts keine grobe Verfehlung gewesen sein, so kommt es nicht auf die subjektive Vorwerfbarkeit allein an, sondern auch auf die veränderten Zeitumstände, die die damalige Ausbildungsverweigerung als Grund für die heutige grobe Unbilligkeit der Unterhaltsverpflichtung ansehen lassen.

Mag die Zurücklassung des Kindes bei den Großeltern zu früheren Zeiten wie geringere Aufmerksamkeit im Kindesalter sozialadäquat gewesen sein (vgl. Palandt/Diederichsen, BGB § 1611 Rzf. 5), so führt sie doch ebenso heute zur Vewirkung des Elternunterhalts. Vergleichbar damit entfällt ein Elternunterhaltsanspruch heute, wenn das damalige Verhalten nach heutigen Maßstäben eine Verwirkung des Unterha...

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