Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsätze zur Anfechtung der Umwandlung einer Rentenversicherung in eine pfändungsgeschützte Versicherung

 

Normenkette

InsO § 132 Abs. 1 Nr. 2; VVG § 169

 

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.350,70 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 28.03.2012 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Der Kläger ist seit 18.10.2011 Insolvenzverwalter über das Vermögen von Frau E. P-B., die bei der Beklagten am 20.10.2004 eine fondsgebundene Rentenversicherung mit der Versicherungsnummer XXX abgeschlossen hatte.

Mit Schreiben vom 10.08.2011 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er im Insolvenzantragsverfahren der Versicherungsnehmerin zum Gutachter bestellt wurde. Er bat um Auskünfte, die unter dem 14.09.2011 nicht erteilt wurden, da er lediglich in einem vorläufigen Insolvenzverfahren zum Gutachter bestellt worden sei.

Die Versicherungsnehmerin beantragte bei der Beklagten unter dem 20.09.2011 eine Umwandlung der Versicherung in eine pfändungsgeschützte Versicherung. Diesem Antrag kam die Beklagte am 22.09.2011 nach.

Am 31.10.2011 teilte der Kläger die Insolvenzeröffnung mit und bat u.a. um Mitteilung der Kündigungsfrist bzgl. der Versicherung. Er wurde mit Schreiben vom 04.11.2011 von der Umwandlung unterrichtet.

Daraufhin erklärte er mit Schreiben vom 30.11.2011 die Insolvenzanfechtung, kündigte die Versicherung und begehrte Auszahlung des Rückkaufwertes von 2.350,70 Euro, die von der Beklagten abgelehnt wurde.

Mit der Klage verfolgt der Kläger sein Ziel weiter.

Er hält die Umwandlung des Versicherungsvertrages für anfechtbar.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, hilfsweise Zug-um-Zug gegenÜbergabe der Versicherungspolice zum Versicherungsvertrag bei der Beklagten Nr. XXX, an den Kläger einen Betrag i. H. v. 2.350,70 Euro nebst Zinsen hieraus i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Auszahlung des Rückkaufswertes aus § 169 VVG.

Die Beklagte kann sich nicht erfolgreich auf den durch Umwandlung der Versicherung nach § 167 VVG beruhenden Kündigungsausschluss im Sinne des § 168 Abs. 3 Satz 2 VVG berufen.

Der Rückkaufswert der Versicherung gehört zur Insolvenzmasse.

Dabei kann offen bleiben, ob der Pfändungsschutz mit der Antragstellung (20.09.2011), der Annahme (22.09.2011) oder mit dem Schluss der laufenden Versicherungsperiode (01.11.2011) eintritt.

Jedenfalls ist die vorgenommene Umwandlung wirksam gemäß § 132 Abs. 1 Nr. 2, 143 InsO angefochten worden. Eine Anfechtung der Umwandlungserklärung nach § 129 ff. InsO ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen (vgl. OLG Naumburg, Urteil v. 08.12.2010, 5 U 96/10; Kammergericht Urteil vom 15.11.2011 6 U 7/11 jeweils mwN.).

Dagegen wird zwar teilweise ohne weitergehende Begründung ein Widerspruch gegenüber dem gesetzgeberisch intendierten Vollstreckungsschutz bei § 851 c ZPO gesehen (vgl. etwa Hasse Versicherungsrecht 2007, 870, 890; Henning, VIA 2009, 17, 19). Diese Auffassung überzeugt nicht. Der Gesetzesbegründung lässt sich diese Zielrichtung nicht entnehmen (so auch OLG Naumburg aaO). So sind die im ursprünglichen Gesetzentwurf vorgesehenen Anfechtungsbeschränkungen, die insbesondere die §§ 131, 133 betrafen (siehe Bundestagsdrucksache 16/886 v. 09.03.2006 Seite 5, 9) letztlich nach erheblichem Widerstand in der Literatur gerade nicht Gesetz geworden (vgl. Stöber, NJW 2007, 1242, 1246 mwM). Auch für die Fälle des § 851 c ZPO und erst recht im Hinblick auf die vom Gesetzesvorhaben nicht ins Auge gefassten Anfechtungstatbestände der InsO ist zu schließen, dass der Gesetzgeber es mit Blick auf den Grundsatz der Gleichbehandlung der Insolvenzgläubiger bei der allgemeinen Regelung der Insolvenzanfechtung belassen wollte (so im Ergebnis ebenfalls OLG Naumburg aaO, Smid, FPR 2007, 443, 446). Gerade die Anfechtung der Umwandlungserklärung nach § 132 InsO wird deshalb überwiegend für möglich erachtet (Smid aaO unter IV.2 am Ende; Ahrens in Prütting-Gehrlein ZPO, 4. Auflage 2012, Randnummer 47 zu § 851 c ZPO. Dies umso mehr als es der Systematik der Insolvenzordnung entspricht, dass Handlungen, die das Zivilrecht zulässt, nicht zugleich insolvenzfest sind (vgl. KG aaO Ziffer 19). Vorbehaltlich konkreter Tatbestandserfüllung hat sich auch die Rechtsprechung dem angeschlossen (vgl. BGH, Beschluss v. 13.10.2011 IX ZR 80/11; OLG Stuttgart v. 15.12.2011 7 U 184/11).

Aus dem Gesetzeszweck des § 851 c ZPO kann sich nichts anderes ergeben. Das Schicksal einer in der Krise umgewandelten Versicherung ist ungewiss, we...

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