Tenor

Der in der Eigentümerversamlung vom 26.4.1988 zu Tagesordnungspunkt 7 gefaßte Beschluß wird für ungültig erklärt. Im übrigen wird der Antrag des Antragstellers zurückgewiesen.

Von den Verfahrenskosten tragen der Antragsteller 1/2 und die Antragsgegner gesamtschuldnerisch 1/2.

Eine Ausgleichung außergerichtlicher Kosten unterbleibt.

 

Tatbestand

I. Der Antragsteller und die Antragsgegner bilden die Eigentümergemeinschaft der Wohnungseigentumsanlage … Am 26.4.1988 fand eine Eigentümerversammlung statt, in der unter TOP 6 ein Beschluß gefaßt wurde, der sich mit dem Einbau eines Rollstuhlschrägliftes bzw. einer Rollstuhlrampe befaßt. Unter TOP 7 wurde ein Beschluß gefaßt, der sich mit der Verschönerung der Hauseingänge und der Schaffung eines Windfanges befaßt.

Der Antragsteller ficht beide Beschlüsse an und begehrt deren gerichtliche Ungültigkeitserklärung.

Der Antragst eller meint, es handele sich um bauliche Veränderungen, die nur mit Zustimmung der Miteigentümer hätten beschlossen werden dürfen.

Der Antragsteller beantragt,

die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 26.4.1988 zu TOP 6 und 7 für ungültig zu erklären.

Die Antragsgegner beantragen,

Zurückweisung.

Sie tragen vor, von den Maßnahmen gingen keine Beeinträchtigungen aus.

Wegen der weiterern Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II. Das Anfechtungsbegehren zu TOP 6 war zurückzuweisen.

Wenn es Rollstuhlfahrer in der Gemeinschaft gibt, haben diese Anspruch darauf, daß ihnen die Möglichkeit gegeben wird, sich in ihrem bisherigen sozialen Umfeld zu bewegen und soweit wie möglich Kontakt zur Außenwelt zu haben. Dazu gehört, daß ihn en ihre ohnehin schon schwierige Fortbewegungsmöglichkeit erleichtert wird, wenn dies unschwer baulich zu realisieren ist. Architektonich ästhetische Gesichtspunkte – die sonst bei baulichen Veränderungen eine Rolle spielen können – haben vorliegend völlig in den Hintergrund zu treten. Die fraglichen Maßnahmen sind aus den sozialen Verpflichtungen des Nachbarschaftsverhältnisses gem. § 242 BGB zu dulden.

Da der angefochtene Beschluß auch nur dann zum Tragen kommen soll, wenn tatsächlich ein Bewohner eines Hauses auf einen Rollstuhl angewiesen ist, ist daran nichts auszusetzen. Die hausweise Abrechnung wird getragen von § 13 Abs. 4 der Teilungserklärung sowie dem Eigentümerbeschluß vom 26.4.1978. Mithin ist der Beschluß zu TOP 6 insgesamt als rechtmäßig anzusehen.

Der Beschluß zu TOP 7 war hingegen für ungültig zu erklären.

Zu einen handelt es sich tatsächlich um eine bauliche Maßnahme, die eine optische Veränderung der Hausfront nach sich zieht. Daher ist eine Beeinträchtigung aus optischen Gesichtspunkten nicht auszuschließen. Zum anderen ist der angefochtene Beschluß auch bereits aus dem Nebensatz: „… wenn die Eigentümer der einzelnen Häuser dieses beschließen”, heraus rechtswidrig. Denn die einzelnen Häuser solche separaten Entscheidungen zu treffen. Die Häuser stehen nicht getrennt, sondern bilden eine bauliche Einheit.

Es muß dann auch einheitlich beschlossen werden, wenn es um Belange des Gemeinschaftseigentums geht. Nach der Teilungserklärung ist jedenfalls eine separate Beschlußfassung der einzelnen Häuser nicht vorgesehen. Auch sonstige, dahingehende Beschlüsse sind dem Gericht nicht bekannt.

Daher war dieser Beschluß aufzuheben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 47 WEG, wobei keine Veranlassung besteht, von dem in WEG-Verfahren geltenden Grundsatz, wonach jeder Beteiligte seine eigenen außergerichtlichen Kosten selbst trägt, abzuweichen.

Gegenstandswert: 10.000,– DM.

 

Unterschriften

Schmitz

 

Fundstellen

Dokument-Index HI797541

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