Entscheidungsstichwort (Thema)

Restschuldbefreiung: Keine Versagung von Amts wegen ohne Versagungsantrag. Versagung einer Restschuldbefreiung bei Verstoß eines Schuldners gegen Verfahrensobliegenheiten. Zulässigkeit eines Versagungsantrags als Voraussetzung für die Einleitung des Verfahrens zur Erlangung von Auskünften

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das Insolvenzgericht kann die Restschuldbefreiung gemäß § 296 Abs. 2 S. 3 InsO von Amts wegen nur dann versagen, wenn der Schuldner im Rahmen des Versagungsverfahrens gegen die Verfahrensobliegenheiten des § 296 Abs. 2 S. 2 und 3 InsO verstoßen hat; eine Versagung nach dieser Vorschrift ohne Anhörung des Schuldners ist nicht zulässig.

2. Voraussetzung für die Einleitung des Verfahrens zur Erlangung von Auskünften (§ 296 Abs. 2 S. 3 InsO) ist ein zulässiger Versagungsantrag gemäß § 296 Abs. 1 InsO. Eine Einleitung des Versagungsverfahrens von Amts wegen allein auf der Grundlage eines Berichts des Treuhänders scheidet aus.

3. Ist ein zulässiger Versagungsantrag nach § 296 Abs. 1 InsO gestellt, bedarf es für die Versagung der Restschuldbefreiung nach § 296 Abs. 2 S. 3 InsO keines weiteren Gläubigerantrages des Inhalts, die Versagung auf der Grundlage dieser Vorschrift auszusprechen.

 

Normenkette

InsO §§ 295, 296 Abs. 1, 1 S. 1, Abs. 2 Sätze 2-3

 

Tenor

Der Anregung des Treuhänders vom 24.01.2011 auf Versagung der Restschuldbefreiung gemäß § 296 Abs. 2 Satz 3 InsO von Amts wegen wird nicht entsprochen.

 

Tatbestand

I.

Am 15.01.2009 wurde auf den Antrag des Schuldners vom 25.11.2008, dem ein Antrag auf Restschuldbefreiung beigefügt war, das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet. In seinem Schlussbericht vom 24.01.2011 regte der Treuhänder wegen „Abtauchens” des Schuldners eine Versagung der Restschuldbefreiung von Amts wegen an. Zur Begründung verwies er darauf, dass der Schuldner trotz entsprechender Aufforderungen seine Einkünfte nicht offen gelegt, auf Schreiben des Treuhänders und Rückrufbitten nicht reagiert habe und daher seit Anfang 2010 nicht mehr zu erreichen gewesen sei. Für die Versagung von Amts wegen bedürfe es weder eines Antrages eines Gläubigers, noch komme es auf eine Beeinträchtigung der Befriedigung der Insolvenzgläubiger an.

 

Entscheidungsgründe

II.

Der Anregung des Treuhänders, dem Schuldner die Restschuldbefreiung nach § 296 Abs. 2 Satz 3 InsO von Amts wegen zu versagen, war nicht nachzukommen, da die Voraussetzungen für eine solche Versagung nicht vorliegen.

1.

Die Vorschrift des § 296 Abs. 2 Satz 3 InsO, die an den Versagungstatbestand des § 296 Abs. 1 Satz 1 InsO wegen einer Obliegenheitsverletzung des Schuldners während der Laufzeit der Abtretungserklärung anschließt, findet nach der Gesetzessystematik erst ab Ankündigung der Restschuldbefreiung und Aufhebung des Insolvenzverfahrens Anwendung; eine solche ist jedoch im vorliegenden Verfahren noch nicht erfolgt.

2.

Aber auch nach Erlass eines entsprechenden Beschlusses gemäß § 291 InsO ist für eine Versagung von Amts wegen in dem hier zu entscheidenden Fall kein Raum, da der Schuldner keine ihm von Gesetzes wegen auferlegten Verfahrensobliegenheiten verletzt hat.

Voraussetzung für die Versagung der Restschuldbefreiung gemäß § 296 Abs. 2 Satz 3 InsO aber ist ein Verstoß des Schuldners gegen die Verfahrensobliegenheiten des § 296 Abs. 2 Satz 2 und 3 InsO (keine Auskunftserteilung oder Abgabe der von einem Gläubiger beantragten eidesstattlichen Versicherung innerhalb der seitens des Gerichts gesetzten Frist oder unentschuldigtes Fernbleiben bei einem anberaumten Gerichtstermin). Hier ist eine an den Schuldner gerichtete Aufforderung des Gerichts zur Auskunftserteilung über die Erfüllung seiner Obliegenheiten nach § 295 InsO samt angemessener Fristsetzung und ausdrücklicher Belehrung darüber, dass der Schuldner mit der Versagung der Restschuldbefreiung rechnen muss, falls er auch gegenüber dem Gericht untätig bleibt (vgl. dazu BGH, Beschl. v. 21.01.2010, IX ZB 67/09, ZInsO 2010, 391, Rn. 22), bislang nicht ergangen.

3.

Einer solchen Aufforderung zur Auskunftserteilung bedurfte es jedenfalls zum jetzigen Verfahrensstand nicht. Denn es fehlt an einem für die Einleitung des Anhörungsverfahrens gemäß § 296 Abs. 2 InsO erforderlichen Antrag eines Insolvenzgläubigers auf Versagung der Restschuldbefreiung wegen Verstoßes gegen die Obliegenheiten des § 295 InsO.

Zwar trifft es zu, dass für eine Versagung der Restschuldbefreiung, die sich auf § 296 Abs. 2 Satz 3 InsO und damit auf den eigenen Versagungsgrund der Missachtung einer Verfahrensobliegenheit stützt, selbst weder ein Gläubigerantrag noch eine Beeinträchtigung der Befriedigung der Insolvenzgläubiger erforderlich ist (BGH, Beschl. v. 14.05.2009, IX ZB 116/08, ZInsO 2009, 1268, Rn. 14, und Beschl. v. 08.10.2009, IX ZB 169/08, ZInsO 2009, 2162, Rn. 6); jedoch muss das gerichtliche Auskunftsverfahren nach dem ausdrücklichen Wortlaut von § 296 Abs. 2 Satz 1 und 2 InsO, wonach u.a. der Schuldner vor der Entscheidung über den Antrag(nach § 296 Abs. 1 InsO) zu hören...

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