Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache: Wohngeld

 

Tenor

Die Anfechtung der Jahresabrechnung 1997 (TOP 2 des Beschlusses der Wohnungseigentümer vom 2.7.1998) wird als unzulässig zurückgewiesen.

Auf die Anfechtung der Jahresabrechnung wird festgestellt, daß die Antragstellerin nicht verpflichtet ist, ganz oder teilweise den Saldo aus der Jahresabrechnung 1997 vorweg gemäß § 155 Abs. 1 ZVG zu befriedigen.

Die Anfechtung zu TOP 3 (Wirtschaftsplan 1999) wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Verfahrenskosten werden gegeneinander aufgehoben. Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Beteiligten findet nicht statt.

 

Gründe

Die Antragstellerin ist durch den Beschluß desAG Kerpen vom 19.5.1998 zur Zwangsverwalterin über die im Rubrum näher bezeichnete Eigentumswohnung bestellt worden (vgl. das Verfahren 31 L 25/98).

Mit Schreiben vom 2.6.1998 unterrichtete die Antragstellerin den Verwalter über die angeordnete Zwangsverwaltung.

Am 2.7.1998 fand eine Eigentümerversammlung statt, zu welcher die Antragstellerin nicht eingeladen wurde. Nach der Versammlung erhielt sie – mit Schreiben vom 13.7.1998 – die auf der Eigentümerversammlung beschlossene Einzelabrechnung für das Jahr 1997 (Bl. 16 GA) sowie den beschlossenen Einzelwirtschaftsplan 1999.

Die Antragstellerin beantragt,

die auf der Eigentümerversammlung vom 2.7.1998 unter Tagesordnungspunkt 2 (Genehmigung der Jahresabrechnung 1997) und 3 (Genehmigung des Wirtschaftsplanes 1999) gefaßten Beschlüsse für ungültig zu erklären.

Die Antragsgegner beantragen,

den Antrag zurückzuweisen.

Auf den Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10.11.1998 wird Bezug genommen.

Der Antrag auf Anfechtung der Jahresabrechnung 1997 ist unzulässig.

Der Antragstellerin steht insofern kein eigenes Anfechtungsrecht zu. Denn die Antragstellerin ist nach Auffassung des Gerichts durch die Jahresabrechnung nicht betroffen, weil der Beschluß mit der Anordnung der Zwangsverwaltung erst im Mai 1998 ergangen ist, während sich die Abrechnung auf das Wirtschaftsjahr 1997 bezieht. Im einzelnen ist dazu wie folgt auszuführen:

Das Anfechtungs- und das Stimmrecht einerseits sowie die Verpflichtung des Wohnungseigentümers zur Lastentragung aus § 16 Abs. 2 WEG können nach Auffassung des Gerichts nicht isoliert voneinander betrachtet werden. Für das vorliegende Verfahren ergeben sich aus dem Zusammenspiel von materiell-rechtlicher Haftung (§ 16 Abs. 2 WEG), Stimmrecht (§ 25 WEG) und Anfechtungsrecht (§§ 23 Abs. 4, 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG) folgende Erwägungen:

Gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG steht das Recht, einen Eigentümerbeschluß anfechten zu können, den Wohnungseigentümern sowie dem WEG-Verwalter zu. Zu beiden Gruppen kann die Antragstellerin als Zwangsverwalterin der Eigentumswohnung nicht gezählt werden.

Allerdings vertritt die ganz herrschende Meinung in der Rechtsprechung wie auch in der Literatur die Ansicht, daß ein Zwangsverwalter gleichwohl anfechtungsberechtigt sei, wobei allerdings umstritten ist, ob dem Zwangsverwalter ein umfassendes Anfechtungsrecht – und Stimmrecht – oder ein durch den Zweck der Zwangsverwaltung beschränktes Anfechtungsrecht – und Stimmrecht – zusteht (vgl.Bub, in: Sonderausgabe des Staudinger zum WEG, 1997, § 25 Rdn. 139 – zum Stimmrecht – mit umfassenden weiteren Nachweisen; sowieWenzel, ebenda, § 43 Rdn. 13 – zum Anfechtungsrecht –).

Das Gericht folgt der vomKG (Beschluß vom 27.8.1986 – 24 W 5931/85 –, NJW-RR 1987, 77) und vonWenzel vertretenen Ansicht, wonach der Zwangsverwalter nur solche Eigentümerbeschlüsse als materiell-rechtlich Beteiligter anfechten kann, die ihn auch in seiner Rechtsstellung betreffen. Diese Beschränkung des Anfechtungsrechts, die im Einzelfall durchaus zu Abgrenzungsschwierigkeiten führen kann, ist deshalb geboten, weil auch der Zweck der Anordnung der Zwangsverwaltung nur begrenzter Natur ist und der Eigentümer eine Beschränkung seiner Rechte nur insofern hinzunehmen hat, als dies durch den Zweck der Zwangsverwaltung unabdingbar geboten ist.

Gemessen daran ist vorliegend festzustellen, daß die Rechtsstellung der Antragstellerin durch den Beschluß über die Jahresabrechnung 1997 nicht betroffen ist.

Allerdings soll der Zwangsverwalter nach Auffassung desOLG Karlsruhe (Beschluß vom 10.1.1990 – 11 W 167/89 –, ZMR 1990, 189 = WuM 1990, 168 = Justiz 1990, 434) gemäß § 155 Abs. 1 ZVG verpflichtet sein, die nach der Beschlagnahme fällig werdenden Wohngeldlasten vorweg zu befriedigen. Dabei macht es nach Auffassung desOLG Karlsruhe keinen Unterschied, ob die Zahlungsverpflichtung bereits zuvor – als Wohngeld – fällig war. Vielmehr sei der „Wert des Wohnungseigentums”insoweit schon im Zeitpunkt der Beschlagnahme entsprechend gemindert.

Dieser Auffassung hat sich dasBayObLG (Beschluß vom 14.2.1991 – 2Z BR 4/91 –, BayObLGZ 1991, 93 = WuM 1991, 308 = NJW-RR 1991, 723 = Rpfleger 1991, 332 = ZIP 1991, 812) angeschlossen (vgl. dort auch weitere Nachweise zu der wohl herrschenden Auffassung; wie dasBayOb...

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