Entscheidungsstichwort (Thema)

Räumung und Herausgabe

 

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung der Kostenentscheidung durch Sicherheitsleistung von DM 4.000,– abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leisten.

 

Tatbestand

Mit der Klage beansprucht der Kläger die Räumung und Herausgabe der in seinem Eigentum stehenden Wohnung im Anwesen … in 8056 Neufahrn.

Diese Wohnung vermietete mit schriftlichen Mietvertrag vom 24.04.1980 die Ehefrau des Klägers an die Beklagte zu 1), die seinerzeit noch als … firmierte. In § 19 des Mietvertrags würde vereinbart, daß die Wohnung als Werkswohnung vermietet werde und die Mieterin berechtigt sei, sie an Betriebsangehörige unterzuvermieten. Mit Mietvertrag vom 27.10.1983 vermietete die Beklagte die Wohnung an den Beklagten zu 2) im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses.

Am 30.11.1988 wurde der Kläger als Eigentümer des Anwesens im Grundbuch eingetragen. Mit Anwaltsschreiben vom 18.11.91 an die Beklagte zu 1) ließ er die Kündigung des Mietverhältnisses erklären.

Der Kläger ist der Ansicht, daß Gegenstand des zwischen der Rechtsvorgängerin des Klägers und der Beklagten zu 1) geschlossenen Mietvertrags kein Wohnraummietverhältnis sei, weil die Beklagte zu 1) die Wohnung nicht zu Wohnzwecken nutze. Eine Begründung der Kündigung sei deshalb auch nicht erforderlich. Da es sich um eine gewerbliche Nutzung handele, sei das Mietverhältnis durch die Kündigung aufgelöst, so daß auch der Beklagte zu 2) kein Besitzrecht an der Wohnung mehr inne habe.

Der Kläger beantragt,

die Beklagten zu verurteilen, die Wohnung im 2. Obergeschoß links des Anwesens …, 8056 Neufahrn, bestehend aus vier Zimmern, 1 Küche, 1 Diele, 1 Bad/WC, 1 Balkon und Kellerabteil, zu räumen und an den Kläger herauszugeben.

Die Beklagten beantragen jeweils Klageabweisung.

Sowohl die Beklagte zu 1) als auch der Beklagte zu 2) meinen, daß es sich bei dem zwischen den Beklagten bestehenden Mietverhältnis nicht, wie der Kläger wohl suggerieren wolle, um die Gewährung einer Schlafstelle oder ähnliches handele, sondern um einen Werkmietvertrag. Einen Anspruch auf Räumung und Herausgabe stehe dem Kläger gegenüber dem Beklagten zu 2) deshalb nicht zu. Ein berechtigtes Interesse an der Kündigung des Mietverhältnisses habe der Kläger bislang nicht behauptet oder dargelegt. Die Kündigung deshalb auch gegenüber der Beklagten zu 1) unwirksam, weil zumindest dem Beklagten zu 2) gegenüber ein berechtigtes des Interesse an der Kündigung aus der Schutzwirkung des sozialen Mieterschutzes im Rahmen eines Wohnraum-Mietverhältnisses zugute komme, daß sich auch gegen die Beklagte zu 1) auswirken müsse.

Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf deren gewechselte Schriftsätze Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

I. Zutreffend ist die Klägerin der Ansicht, daß es wich bei dem Mietverhältnis zwischen ihr und der Beklagten zu 1) nicht um ein Wohnraum-Mietverhältnis, sondern um eine gewerbliche Miete handelt. Eine Wohnraummiete liegt nur dann vor, wenn Wohnräume gerade zum Zweck des Wohnens und nicht zu anderen Zwecken vermietet werden. Hier erfolgt die Vermietung aber ausschließlich zum Zwecke der Weitervermietung an Betriebsangehörige als Werkswohnung. Dies ergibt sich zweifelsfrei aus der Zusatzklausel in § 19 des Mietvertrags vom 24. April 1980.

Grundsätzlich stünde damit der Beklagten zu 1) kein sozialer Mieterschutz zur Seite, und der Kläger müßte auch kein berechtigtes Interesse an der Kündigung im Sinne von § 564 b Abs. 1 BGB darlegen und unter Beweis stellen.

II. Nach der herrschenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und insbesondere unter Berücksichtigung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 11.06.1991 (BVerfG NJW 1991, 2272) ist die Kündigung des Klägers aber, ohne ein berechtigtes Interesse auch nur im Entfernten darzulegen, als rechtsmißbräuchlich gemäß § 242 BGB anzusehen, weil sie zu einer Schlechterstellung des Beklagten zu 2) als Untermieter der Beklagten zu 1) führt, als wenn er vom Kläger oder von der Beklagten zu 2) als Eigentümerin die Wohnung als Hauptmieter gemietet hätte. Der Mieter, der die Wohnung nicht vom Eigentümer, sondern von einem gewerblichen Zwischenmieter mietet, genießt im Verhältnis zu diesem den gleichen Schutz wie ein Mieter, der den Wohnraum unmittelbar vom Eigentümer ohne Dazwischentreten eines Dritten mietet. Der gewerbliche Zwischenmieter kann eine ordentliche Kündigung wie ein Eigentümer ebenfalls nur unter den Voraussetzungen des § 564 b BGB aussprechen. Ihm gegenüber kann sich der Mieter auf die Härteklauseln der §§ 556 a ff. BGB berufen.

Da das Vertragsverhältnis zwischen Eigentümer und gewerblichem Zwischenmieter nicht den Kündigungsschutzvorschriften für Wohnraum unterliegt, besteht eine vom Gesetzgeber nicht vorhergesehene und nicht gewollte Lücke im Mieterschutz (vgl. BVerfG a.a.O. S. 2273; Ho...

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