Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterhaltsrückstand. Arbeitseinkommen. Rückschlagsperre

 

Leitsatz (amtlich)

Wegen eines Unterhaltsrückstandes, der im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestand, ist dem Gläubiger eine Pfändung – auch hinsichtlich des erweitert pfändbaren Betrages – von Forderungen des Schuldners gegen Drittschuldner verwehrt, die erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstehen.

Die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgebrachte Pfändung künftig entstehender Forderungen gilt erst mit dem Entstehenden der jeweiligen Forderung als vorgenommen.

 

Normenkette

InsO § 89

 

Verfahrensgang

AG Essen (Beschluss vom 20.04.2007)

 

Tenor

Auf die Erinnerung des Erinnerungsführers vom 08.07.2008 wird der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Essen vom 20.04.2007 in Gestalt des Beschlusses vom 01.08.2008 insoweit aufgehoben, als dieser wegen rückständigen Unterhalts von 5 500,00 EUR für die Zeit vom 01.11.2005 bis zum 30.04.2007

  • zwischen dem 10.09.2007 und 24.04.2008 einschließlich entstandene Forderungen des Schuldners gegen den Drittschuldner mit Ausnahme des erweitert pfändbaren Betrages und
  • ab dem 25.04.2008 entstandene Forderungen des Schuldners gegen den Drittschuldner

zum Gegenstand hat.

Im Übrigen wird die Erinnerung zurückgewiesen.

Die Kosten des Erinnerungsverfahrens tragen der Erinnerungsführer und die Erinnerungsgegner jeweils zu 1/2.

 

Tatbestand

I.

Mit Vergleich des Amtsgerichts Borken vom 31.08.2004, 31 F 45/04, verpflichtete sich der Schuldner, beginnend mit dem Monat September 2004 jeweils bis zum 03. Werktag eines jeden Monats im Voraus einen Gesamtkindesunterhalt von 600,00 EUR an die Gläubiger zu zahlen.

Unter dem 05.04.2007 beantragten die Gläubiger wegen eines – unter Berücksichtigung von Teilzahlungen des Schuldners – bestehenden Unterhaltsrückstands in Höhe von 5 500,00 EUR für die Zeit vom 01.11.2005 bis zum 30.04.2007 und laufenden Unterhalts ab dem Monat Mai 2007, monatlich vorauszahlbar bis zum 3. Werktag eines jeden Monats, beim Amtsgericht Essen – Vollstreckungsgericht – den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses betreffend Forderungen des Schuldners gegen den Drittschuldner. Zugleich beantragten die Gläubiger die Festsetzung des Pfändungsfreibetrages gemäß § 850d ZPO auf monatlich 776,00 EUR.

Am 20.04.2007 erließ das Amtsgericht Essen – Vollstreckungsgericht – antragsgemäß den beantragten Pfändungs- und Überweisungsbeschluss unter gleichzeitiger Festsetzung des pfandfreien Betrages auf 776,00 EUR. Wegen der Einzelheiten wird auf den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 20.04.2007 Bezug genommen, Blatt 3 der Akte.

Der vorgenannte Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wurde dem Drittschuldner am 24.04.2007 zugestellt.

Auf Grund eines am 10.12.2007 bei Gericht eingegangenen Antrags des Schuldners eröffnete das Amtsgericht Essen – Insolvenzgericht – mit Beschluss vom 25.04.2008, 166 IK 235/07, um 15:25 Uhr das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners. Zugleich bestellte es den Erinnerungsführer zum Treuhänder. Auf den vorgenannten Beschluss, der in Kopie zur Akte gereicht worden ist, wird Bezug genommen, Blatt 21 f. der Akten.

Mit Schriftsatz vom 08.07.2008 legte der Erinnerungsführer Erinnerung gemäß § 766 ZPO ein, mit der er beantragt,

den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Essen aufzuheben, soweit dieser hinsichtlich eines im Vergleich des Amtsgerichts Borken vom 31.08.2004, 31 F 45/08, titulierten Unterhaltsrückstands in Höhe von 5 500,00 EUR für die Zeit vom 01.11.2005 bis zum 30.04.2007 ergangen ist.

Die Gläubiger beantragen,

die Erinnerung zurückzuweisen, soweit mit dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Essen für den nach dem 25.04.2008 liegenden Zeitraum wegen des rückständigen Unterhalts der erweitert pfändbare Teil des Einkommens gepfändet worden ist.

Hierbei vertreten die Gläubiger die Ansicht, dass Vollstreckungsmaßnahmen, die sie als Unterhaltsgläubiger vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens in den erweitert pfändbaren Teil des Einkommens des Schuldners bewirkt hätten, wirksam bleiben würden.

Mit Beschluss vom 01.08.2008 hat die Rechtspflegerin des Vollstreckungsgerichts den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss insoweit aufgehoben, als dieser die nach der Tabelle nach § 850c ZPO pfändbaren Lohnanteile des Schuldners betrifft, die wegen der nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig werdenden Unterhaltsforderungen gepfändet werden. Auf den vorgenannten Beschluss vom 01.08.2008 wird Bezug genommen, Blatt 23 f. der Akten.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige Erinnerung ist nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

1. Die Erinnerung ist zulässig.

Der Treuhänder, der gemäß § 313 Abs. 1 S. 1 InsO im Verbraucherinsolvenzverfahren die Aufgaben des Insolvenzverwalters wahrnimmt, ist zur Einlegung der Erinnerung befugt.

Über die Erinnerung entscheidet das Insolvenzgericht nach § 89 Abs. 3 S. 1 InsO als besonderes Vollstreckungsgericht im Sinne von §§ 4 InsO, 766 Abs. 1 S. 1 ZPO.

2. Die Erin...

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