Leitsatz (amtlich)

Das Insolvenzgericht ist für die Festsetzung der Vergütung und der zu erstattenden Auslagen des vorläufigen Insolvenzverwalters gegen den Schuldner nach Grund und Höhe auch dann sachlich zuständig, wenn es nicht zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens kommt.

 

Normenkette

InsO § 21 Abs. 2 Nr. 1, § 64 Abs. 1

 

Tenor

In dem Insolvenzöerffnungsverfahren wird der sofortigen Beschwerde der Schuldnerin vom 06.04.2010 gegen den Beschluss vom 08.03.2010 nicht abgeholfen (§§ 6, 4 InsO, § 572 Abs. 1 ZPO) und die Sache dem Landgericht Duisburg zur Entscheidung vorgelegt.

 

Tatbestand

I.

Nach Rücknahme der Eröffnungsanträge des ehemaligen Geschäftsführers und der Gesellschafterin der schuldnerischen GmbH hat das Insolvenzgericht mit dem angefochtenen Beschluss vom 8.3. 2010 entschieden, dass die Schuldnerin die Vergütung und Auslagen des vorläufigen Insolvenzverwalters in Höhe von insgesamt 12.765,34 EUR zu tragen hat. Hiergegen hat die Schuldnerin, nunmehr vertreten durch ihre Liquidatorin, die ehemals antragstellende Gesellschafterin R, sofortige Beschwerde eingelegt. Sie rügt die sachliche Unzuständigkeit des Insolvenzgerichts für die getroffene Vergütungsentscheidung und macht ferner Einwendungen gegen die angesetzte Berechnungsgrundlage und die Höhe des Vergütungssatzes geltend.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die sofortige Beschwerde ist zwar statthaft (§6 Abs.1, §21 Abs.2 Nr.1, §64 Abs.3 InsO) und auch im übrigen zulässig (§4 InsO, §569 ZPO), kann aber in der Sache keinen Erfolg haben. Die Gründe der angefochtenen Entscheidung gelten unverändert fort. Die Beschwerdebegründung gibt keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung der Sach- und Rechtslage.

A. Das Amtsgericht Duisburg als Insolvenzgericht ist im vorliegenden Fall für die Festsetzung der Vergütung und der zu erstattenden Auslagen (künftig nur noch: Vergütung) des vorläufigen Insolvenzverwalters gegen die Schuldnerin nach Grund und Höhe sachlich zuständig, denn diese Entscheidung ist auch nach Rücknahme des Eröffnungsantrags vom Insolvenzgericht zu treffen.

1. Die sachliche Zuständigkeit des Insolvenzgerichts für diese Entscheidung ergibt sich unmittelbar aus §21 Abs.2 Nr.1 i.V.m. §64 Abs.1 InsO. Danach setzt das Insolvenzgericht die Vergütung und die zu erstattenden Auslagen des vorläufigen Insolvenzverwalters durch Beschluss fest. Allein diese Regelung ist einschlägig. Sie gilt auch, wenn das Insolvenzverfahren wegen Rücknahme des Eröffnungsantrags nicht eröffnet wird.

2. Die von §21 Abs.2 Nr.1 i.V.m. § 64 Abs.1 InsO abweichende Auffassung des Bundesgerichtshofs, die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters könne, wenn das Insolvenzverfahren nicht eröffnet worden sei, nicht vom Insolvenzgericht festgesetzt werden, sondern der vorläufige Insolvenzverwalter sei wegen seines materiell-rechtlichen Vergütungsanspruchs gegen den Schuldner auf den ordentlichen Rechtsweg zu verweisen (BGH, Beschluss vom 3. 12. 2009 – IX ZB 280/08, NZI2010, 98f. = ZIP 2010, 89f. = ZInsO 2010, 107 f.), ist unzutreffend.

Der Bundesgerichtshof führt zur Begründung seine Auffassung im wesentlichen aus, die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters könne nur aufgrund einer entsprechenden Kostengrundentscheidung gegen den Schuldner festgesetzt werden. Eine solche Entscheidung zugunsten des vorläufigen Insolvenzverwalters könne jedoch nicht das Insolvenzgericht erlassen, weil es hierfür keine gesetzliche Grundlage gebe. Im Insolvenzeröffnungsverfahren stünden sich nur der antragstellende Gläubiger und der Schuldner ähnlich wie die Parteien eines Zivilprozesses gegenüber; der vorläufige Insolvenzverwalter sei nicht Partei des Verfahrens.

Diese Argumentation ist nicht überzeugend. Sie ist zu Recht auf einhellige Kritik gestoßen (vgl. Riewe NZI 2010, 131 ff., 134; Uhlenbruck NZI 2010, 161 ff.; Mitlehner EWiR 2010, 195 f.).

a) Der Bundesgerichtshof erwähnt in dem gesamten Beschluss mit keinem Wort die gesetzliche Regelung des § 21 Abs. 2 Nr. 1 InsO mit ihrer Verweisung auf § 64 InsO. Dies ist zumindest methodisch ungewöhnlich. In dem von ihm entschiedenen Fall hatten nämlich beide Vorinstanzen die genannte Rechtsgrundlage der sachlichen Zuständigkeit ausdrücklich angesprochen (AG Duisburg, Nichtabhilfebeschluss vom 18.8. 2008 – 64 IN 65/06, ZInsO 2010, 635; LG Duisburg, Beschluss vom 10. 10. 2008 – 7 T 175/08, juris).

b) Eine Vernachlässigung dieser gesetzlichen Regelung ist sachlich nicht gerechtfertigt. Sedes materiae ist ausschließlich § 21 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 64 Abs. 1 InsO (ebenso Uhlenbruck NZI 2010, 161, 162, 165; Riewe NZI 2010, 131, 133; Mitlehner EWiR 2010, 195, 196). Danach setzt das Insolvenzgericht die Vergütung und die zu erstattenden Auslagen des vorläufigen Insolvenzverwalters durch Beschluss fest. Eine Unterscheidung zwischen später eröffneten und nicht eröffneten Verfahren macht das Gesetz nicht. Sie lässt sich auch weder aus der Systematik des Gesetzes noch aus dem Zweck oder der Entstehungsgeschichte der Norm (vgl. Begr. RegE InsO, 2002, BT-Drucks. 12/2443, S. 115 ff.) her...

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