Entscheidungsstichwort (Thema)

Erwachsenenadoption

 

Leitsatz (redaktionell)

Zur sittlichen Rechtfertigung der Adoption von Eheleuten auch im Hinblick auf Vermögensinteressen leiblicher Kinder der Annehmenden

 

Normenkette

BGB §§ 1741, 1767, 1769

 

Tenor

1. …, geb. …, geb. 15.08.1947, wird als Kind von …, geb. am 27.04.1910 und seiner Ehefrau …, geb. …, geb. am 01.06.1921

angenommen.

2. … geb. 07.12.1941, wird als Kind von … geb. am 27.04.1910 und seiner Ehefrau … geb. … geb. am 01.06.1921 angenommen.

3. Die vorstehende Annahme als Kind gründet sich auf die Vorschriften der §§ 1767, 1768, 1769, 1770, 1741, 1750 BGB.

4. Die Kosten des Verfahrens tragen gesamtschuldnerisch die Annehmenden; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

5. Der Gegenstandswert wird auf DM 10.000,– festgesetzt.

 

Gründe

Zwischen den Beteiligten ist nach Überzeugung des Gerichts ein echtes Eltern-Kind-Verhältnis entstanden bzw. ist zu erwarten, daß zwischen den Beteiligten ein derartiges Verhältnis entsteht, §§ 1667, 1741 BGB, so daß die Annahme sittlich gerechtfertigt ist. Die Beteiligten kennen sich bereits seit langen Jahren. Insbesondere zwischen Frau … und Frau … bzw. Herrn … und Herrn … ist nach Überzeugung des Gerichts bereits ein Eltern-Kind-Verhältnis entstanden, es ist auch zu erwarten, daß sich zwischen Frau … und Herrn … und Herrn … und Frau … ein derartiges Verhältnis entwickeln wird. Frau … versorgt seit Jahren Frau … die auf diese Hilfe dringend angewiesen ist, Herr … arbeitet seit Jahren mit Herrn … in dessen Betrieb zusammen, er soll nach dem Ableben des Herrn … dessen Betrieb fortführen. Die Beteiligten gehen gemeinsam in Urlaub, sie verbringen einen Großteil ihrer Freizeit gemeinsam, die Anzunehmenden kümmern sich intensiv um die Annehmenden.

Das Gericht hat den Eindruck, daß die persönlichen Beziehungen, insbesondere zwischen Herrn … und Herrn … und Frau … und Frau … das übliche Maß einer Freundschaft zwischen Erwachsenen weit überschritten haben, auf das Gericht machten die Beteiligten den Eindruck von Eltern und Kindern.

Diesen Eindruck haben die Annehmenden auch mit den Worten bestätigt, daß sie die Anzunehmenden wie ihre eigenen Kinder empfinden, Frau … ist für sie wie eine eigene Tochter, Herr … wie ein eigener Sohn.

Die offen zutage liegenden Motive der Annehmenden, die Sicherung der Unternehmensfortführung nach dem Tod des adoptierenden Inhabers und die Versorgung der Annehmenden im Alter durch tatsächliche Betreuungsleistungen, sind in der Rechtsprechung als anerkennenswerte Motive akzeptiert, vgl. Grziwotz, FamRZ 91, 1399, 1340 m.w.N.

Der Altersunterschied zwischen den Annehmenden und den Anzunehmenden entspricht dem zwischen Eltern und Kindern, Herr … ist ca. 35 Jahre älter als die Anzunehmenden, Frau … ca. 25 Jahre älter.

Der noch lebende Vater von Frau … spricht sich nicht gegen die Adoption aus. Das Gericht hält die Adoption von Frau … für sittlich gerechtfertigt, obwohl ihr Vater noch lebt, vgl. hierzu OLG Hamm, FamRZ 1968, 481.

Die Anzunehmende versorgt die Annehmende. Diese ist der Pflegestufe 1 zugeordnet und erhält Pflegegeld. Für die Versorgung der Anzunehmenden erhält die Annehmende ein gewisses Entgelt. Dieser Umstand spricht nicht gegen ein Eltern-Kind-Verhältnis, auch bei bestehenden Familien ist es durchaus üblich, daß ein seine Eltern pflegendes Kind das Pflegegeld erhält. Dies ist dem Gericht aus mehreren Familienverfahren bekannt.

Die Anzunehmenden wollen ihren bisherigen Namen beibehalten. Dies ist nicht zu beanstanden und führt nicht dazu, daß die Adoption als nicht sittlich gerechtfertigt angesehen werden kann. Ein Vergleich mit dem Namensrecht bei der Eheschließung zeigt, daß die Beibehaltung des bisher geführten Namens bei Statusänderungen zwischenzeitlich allgemein akzeptiert wird.

Die Anzunehmenden sind miteinander verheiratet. Dieser Umstand ist zwar ungewöhnlich, er verhindert die Adoption jedoch nicht. Die Anzunehmenden werden durch die Adoption „Geschwister”. Derartige Adoptivgeschwister können – mit Genehmigung des Familiengerichts – gem. § 1308 BGB eine Ehe eingehen.

Die leibliche Tochter des Annehmenden wendet sich gegen die Adoption. Gem. § 1769 BGB darf die Annahme eines Volljährigen nicht ausgesprochen werden, wenn ihr überwiegende Interessen der Kinder des Annehmenden entgegenstehen. Dies ist nicht der Fall. Zwischen der Tochter des Annehmenden und dem Annehmenden besteht seit Jahren kein enger Kontakt mehr, die Tochter lebt in Österreich, das Verhältnis zwischen den beiden ist erheblich gestört.

Die vermögensrechtlichen Interessen der leiblichen Tochter des Annehmenden werden nicht übermäßig beeinträchtigt. Die Beerbungschancen werden bei Adoptionen zwangsläufig geschmälert, vgl. Plüderitz in Münchener Kommentar zum BGB, 3. Aufl., Rdnr. 4 zu § 1769 und Rdnr. 10–12 zu § 1745 BGB. Im übrigen sind die vermögensrechtlichen Interessen der leiblichen Tochter des Annehmenden gewahrt. Sie und ihr Sohn, der Enkel des Anzunehmenden, haben durch Vermögenstransaktionen in früheren Jahren ein erheblich...

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