Auch bei einer außerordentlichen fristlosen Kündigung gemäß § 543 Abs. 1 BGB gilt der Grundsatz: Vor der Kündigung die Abmahnung. Diesen Grundsatz durchbricht allerdings das Gesetz in § 543 Abs. 3 Satz 2 BGB selbst: Hiernach ist eine Abmahnung nicht erforderlich, wenn

  • eine Abmahnung offensichtlich keinen Erfolg verspricht,
  • die sofortige Kündigung aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt ist oder
  • der Mieter mit der Mietzahlung für 2 aufeinanderfolgende Monate oder über einen längeren Zeitraum mit der Miete in Höhe von 2 Monatsmieten in Verzug ist. § 569 Abs. 2a BGB regelt Entsprechendes, wenn der Mieter mit der Leistung der Kaution in Verzug ist.

4.1 Offensichtliche Erfolglosigkeit

Eine Abmahnung ist immer dann entbehrlich, wenn sie keinen Erfolg haben wird, weil mehr oder weniger feststeht, dass der Mieter sein Verhalten nicht ändern wird. Lehnt es der Mieter also ausdrücklich oder eindeutig – auch durch schlüssiges Verhalten – ernsthaft und endgültig ab, eine noch andauernde Pflichtverletzung einzustellen oder künftig zu unterlassen, bedarf es vor der Kündigung keiner Abmahnung.[1]

 

Geistig verwirrter Mieter

Die Abmahnung eines geistig verwirrten Mieters wird kaum Erfolg haben, da der Mieter aufgrund seines psychischen Zustands nicht in der Lage ist, sein Verhalten nach der Abmahnung zu ändern, so er überhaupt den Inhalt der Abmahnung versteht.

 

Anschaffung eines Kampfhunds

Trotz des mietvertraglich vereinbarten Hundehaltungsverbots schafft sich der Mieter einen Pitbull an. Hierauf vom Vermieter angesprochen äußert er, dieses Tier würde er niemals abschaffen, vielmehr zu seinem effektiven Schutz abrichten. Eine Abmahnung ist hier überflüssig, da der Mieter deutlich zum Ausdruck gebracht hat, die Vertragsverletzung nicht unterbinden zu wollen.

4.2 Schwerwiegende Vertrauensstörung

Eine Abmahnung vor Ausspruch der außerordentlichen Kündigung ist auch dann entbehrlich, wenn das Fehlverhalten des Vertragspartners die Vertrauensgrundlage in so schwerwiegender Weise erschüttert hat, dass diese auch durch eine erfolgreiche Abmahnung nicht wiederhergestellt werden kann.[1]

 

Drogen-Dealer

Handelt der Mieter in der Wohnanlage mit Heroin, führt dies zu einer besonderen Attraktivität dieser Wohnanlage im Drogenmilieu und somit zu einer unmittelbaren Gefährdung insbesondere jugendlicher Hausbewohner. Einer vorangehenden Abmahnung bedarf es in einem dringenden Fall nicht, weil dem Vermieter das Risiko ihrer Erfolglosigkeit nicht zugemutet werden kann. In diesem Fall nämlich würde über einen nicht absehbaren Zeitraum die vorgenannte konkrete Gefährdung der Hausbewohner fortbestehen.

In all den Fällen, in denen der Mieter strafrechtlich relevantes Verhalten an den Tag legt, bedarf es keiner Abmahnung:

  • Beschädigung durch psychisch Kranke

    Erhebliche Beschädigungen der Mietsache durch den Mieter können auch dann die fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung rechtfertigen, wenn es sich um einen Mieter mit psychischer Erkrankung bzw. geistiger Behinderung handelt.[2]

  • Beschädigung mittels eines Holzhammers

    Das Einschlagen der Wohnungseingangstür eines Nachbarmieters mit einem Holzhammer begründet auch ohne vorherige Abmahnung eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses.[3]

  • Vorsätzlich falsche Beschuldigung

    Die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses ohne vorherige Abmahnung ist begründet, wenn der Mieter ohne sachlichen Grund gegen den Vermieter bei Behörden agitiert und ihn beispielsweise der Zweckentfremdung von Wohnraum beschuldigt.[4]

  • Grundlose Erstattung einer Strafanzeige

    Erstattet der Mieter grundlos Strafanzeige gegen den Vermieter, berechtigt dies Letzteren auch ohne vorherige Abmahnung zur Kündigung des Mietverhältnisses.[5]

  • Grobe Beleidigung des Vermieters

    Grobe Beleidigung des Vermieters, so diese nicht in der "Hitze des Gefechts" infolge einer streitigen Auseinandersetzung mit dem Vermieter bei ansonsten ungetrübtem Mietverhältnis erfolgt.[6]

  • Beleidiung, Bedrohung und Nötigung

    "Handgreiflichkeiten" gegenüber dem Vermieter oder seinen Mitarbeitern oder auch gegenüber anderen Hausbewohnern.[7]

  • Stromdiebstahl

    Unberechtigte Entnahme von Strom aus einer Stromquelle des Vermieters.[8]

  • Einbruch und Diebstahl in andere Wohnung

    Einbrüche/Diebstähle in andere Wohnungen. Auch ein vom Hausgenossen des Mieters im Haus begangener Diebstahl rechtfertigt eine fristlose Kündigung.[9]

  • Anbau von Cannabis in der Wohnung

    Allein der Anbau und Konsum von illegalen Betäubungsmitteln in der Wohnung rechtfertigt den Ausspruch einer fristlosen Kündigung. Es kommt nicht darauf an, ob der Mieter das angebaute Cannabis auch an Dritte veräußert oder ausschließlich selbst konsumiert.[10]

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