Leitsatz
Die gesetzliche Auslegungsregel des § 2087 Abs. 2 BGB, wonach die Zuwendung eines bestimmten Nachlassgegenstandes im Zweifel eine Vermächtnisanordnung und keine Erbeinsetzung ist, gilt nicht, wenn der Nachlass durch den zugewandten Gegenstand im Wesentlichen erschöpft ist.
Sachverhalt
Erblasserin hat zwei wirksame letztwillige Verfügungen verfasst, ein Testament und später einen handschriftlichen Zusatz. Darin hat sie der Beschwerdeführerin ein namhaftes Sparguthaben zugewandt. Diese begehrt ohne Erfolg die Erteilung eines Erbscheins.
Entscheidung
Aus dem späteren handschriftlichen Zusatz der Erblasserin kann nicht auf eine Erbenstellung geschlossen werden, da damit nicht die frühere Erbeinsetzung außer Kraft gesetzt werden sollte. Nach § 2087 Abs. 2 BGB ist die testamentarische Zuwendung eines bestimmten Gegenstandes im Zweifel als Vermächtnisanordnung und nicht als Erbeinsetzung anzusehen. Die Auslegungsregel greift dann nicht, wenn der Hauptnachlassgegenstand zugewandt wird, so dass ein auf Erbeinsetzung gerichteter Erblasserwillen festgestellt werden kann. Da vorliegend der Nachlass durch Zuwendung des Sparguthabens nicht im Wesentlichen erschöpft ist, verbleibt es bei der gesetzlichen Auslegungsregel der Vermächtnisanordnung.
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