Leitsatz

  1. Abberufung des Verwalters aus wichtigem Grund wegen massiven Interessenskonflikts
  2. Unterschrift des Verwalters unter das Protokoll als (hier vereinbarte) Gültigkeitsvoraussetzung für einen Eigentümerbeschluss (unberechtigte Verweigerung der Unterschrift kein Grund für die Anfechtung seines Abberufungsbeschlusses)
 

Normenkette

§ 24 Abs. 6 WEG, § 26 Abs. 1 Satz 3 und 4 WEG

 

Kommentar

1. Ist in Ergänzung zu § 23 WEG in der Gemeinschaftsordnung vereinbart, dass für die Gültigkeit eines Beschlusses auch dessen Protokollierung erforderlich ist und dass ein Protokoll vom Verwalter und zwei von der Wohnungseigentümerversammlung bestimmten Wohnungseigentümern zu unterschreiben ist, so hätte das LG klären müssen, ob es sich bei dieser Vereinbarung um ein konstitutives Wirksamkeitserfordernis eines Beschlusses handelt bzw. das Fehlen (hier: der Verwalterunterschrift) lediglich zur Anfechtbarkeit eines Beschlusses führt. Nach BGH (NJW 1997, 2956 in Übereinstimmung mit dem OLG Oldenburg, ZMR 1985, 30) ist eine solche Bestimmung dahingehend auszulegen, dass es sich um eine mit § 23 Abs. 2 WEG vergleichbare Gültigkeitsvoraussetzung handelt, deren Nichtbeachtung nicht zur Nichtigkeit, sondern lediglich zur Anfechtbarkeit der Beschlussfassung führt. Damit ist der Beschluss zunächst schwebend gültig und zweifelhaft, ob der Verwalter überhaupt noch in seiner Eigenschaft als abberufener Verwalter nachträglich noch die erforderliche Unterschrift wirksam leisten kann. Jedenfalls kann er nicht durch nachträgliche Verweigerung seiner Unterschrift erst die Anfechtbarkeit des Abberufungsbeschlusses herbeiführen. Insoweit würde dies in Widerspruch zur zwingenden Bestimmung des § 26 Abs. 1 Satz 4 WEG als weitere, nicht zulässige Einschränkung des Abberufungsrechts eines Verwalters führen. Eigentümer müssen hier nicht einen Verwalter in gesondertem WE-Verfahren auf Vollziehung der Unterschrift in Anspruch nehmen. Die Verweigerung der Unterschriftsleistung ist i. Ü. auch rechtsmissbräuchlich, weil sie vorliegend erkennbar lediglich aus prozesstaktischen Gründen erfolgte. Selbst der anfechtende Verwalter ging nach eigenem Vortrag von einem mehrheitlich gefassten Beschluss aus.

2. Die Abberufung konnte auch mit einfacher Beschlussmehrheit erfolgen; die vorliegend ebenfalls vereinbarte Einschränkung eines qualifizierten Mehrheitserfordernisses von 3/4 der Stimmen stellt sich als unwirksame Vereinbarung dar (vgl. ebenfalls die zwingende Bestimmung des § 26 Abs. 1 Satz 4 WEG).

3. Vorliegend wurden vom Senat auch wichtige Gründe für die Abberufung bestätigt, da hier der Verwalter gegen einen einzelnen Eigentümer einen Zahlungsanspruch in erheblicher Höhe aus einem Erwerbsvorgang verfolgte und sich daraus in einem massiven Interessenskonflikt befand. Somit war von einer erheblichen Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen dem Verwalter und einzelnen Miteigentümern auszugehen, selbst wenn der Konflikt in erster Linie mit einem Erwerbsvorgang zusammenhing (Erstattungsforderung).

4. Wenn auch für eine fristlose Kündigung die Bestimmung des § 626 BGB und insbesondere dessen Abs. 2 heranzuziehen ist, d. h. eine außerordentliche Kündigung eines Dienstvertrags nur innerhalb von 2 Wochen ausgesprochen werden könne, ist es im Wohnungseigentumsrecht anerkannt h. M., dass Abberufung und Kündigung zwar nicht innerhalb der 2-Wochen-Frist, jedoch innerhalb angemessener Frist geschehen müssten; innerhalb einer den Umständen nach angemessenen Frist habe hier die Einberufung einer Versammlung mit einem solchen Beschlussgegenstand gefordert werden müssen (vgl. BayObLG, NZM 1999, 844 und 2000, 341). Von einer Verwirkung der Rechte konnte vorliegend nicht ausgegangen werden, da der massive ursprüngliche Interessenkonflikt fortbestand und auch als Dauertatbestand im Sinne des § 626 Abs. 2 BGB zu bewerten war; er hielt auch in den letzten zwei Wochen vor Ausübung des Abberufungsrechts noch an (vgl. hierzu auch die h. R. M. zum Arbeits- und Angestelltenrecht). Somit konnte auch im vorliegenden Fall auf die noch nicht verwirkten Kündigungsgründe abgestellt werden, die mit dem Abberufungsgrund in engem Zusammenhang standen. Entscheidend ist für die Wirksamkeit eines Abberufungsbeschlusses, ob zum Zeitpunkt der Beschlussfassung noch ein wichtiger Grund zur Abberufung vorlag (was vorliegend zu bejahen war).

5. Keine Erstattung außergerichtlicher Kosten in allen Instanzen bei Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens von DM 5.000,-.

 

Link zur Entscheidung

(OLG Hamm, Beschluss vom 27.11.2001, 15 W 326/01 )

Anmerkung:

Der Senat hat beiläufig auch darauf hingewiesen, dass grundsätzlich nach wohl bisher vorherrschender Meinung auch der Verwalter berechtigt ist, "seinen" Abberufungsbeschluss anfechten und entsprechende Rechtsmittel einlegen zu können, selbst wenn er nicht zugleich auch Wohnungseigentümer ist (analog § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG). Verwiesen wurde hier auf BGH, NJW 1989, 1087, 1089 und OLG Hamm, NJW-RR 1997, 523, 524. Diese Meinung wird heute zunehmend mehr unte...

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