Leitsatz

Die zum Zeitpunkt der Ehescheidung bestehende rechnerische Grundlage des nachehelichen Unterhalts bleibt von nachträglichen Änderungen der Verhältnisse grundsätzlich unberührt (vgl. BGH v. 16.01.1985 - IVb ZR 62/83, MDR 1985, 561 = FamRZ 1985, 582). Die Feststellung einzelner Bedarfsposten beruht auf der Lebensführung während der bestehenden Ehe. Entwickeln sich nach dem Scheitern der Ehe einzelne Positionen anders, stellt das keine Änderung der Verhältnisse dar, die für die Höhe des Bedarfs maßgebend waren. Anderes gilt nur dann, wenn der Unterhalt mit Rücksicht auf einen besonderen Bedarf des Unterhaltsberechtigten höher bemessen ist, als es sonst den ehelichen Lebensverhältnissen entsprochen hätte.

Ein im Zugewinnausgleichsverfahren einbezogener "Goodwill" einer Arztpraxis hat bei der konkreten Bedarfsberechnung unberücksichtigt zu bleiben. Es handelt sich hierbei nicht um zukünftiges Einkommen des Unterhaltsverpflichteten, sondern lediglich um einen Anteil des fiktiven Kaufpreises, den ein Dritter für den Erwerb der Praxis als Gegenwert für den derzeitigen Kapitalwert der Praxis zahlen müsste.

Der "Goodwill" hat keinen Einfluss auf die ehelichen Verhältnisse bei der Bedarfsberechnung.

 

Sachverhalt

Die Parteien streiten sich in II. Instanz um die Höhe des zu zahlenden nachehelichen Unterhalts. Erstinstanzlich war der Antrag der Ehefrau insoweit zurückgewiesen worden. Sie verfolgt ihren Anspruch mit der Berufung weiter. Das Berufungsgericht hat nachehelichen Unterhalt in Höhe von 162,00 EUR monatlich ausgeurteilt und die weitergehende Berufung zurückgewiesen.

 

Entscheidung

Die Ehefrau kann ihren Unterhaltsbedarf krankheitsbedingt nur zu einem geringen Teil durch eigene Erwerbstätigkeit decken. Ihr sind außerdem bedarfsdeckend Einkünfte aus Vermietung sowie aus Kapitalvermögen zuzurechnen.

Im Hinblick auf die überdurchschnittlich hohen Einkünfte des Beklagten ist der Unterhalt nicht nach einer Quote des Einkommens, sondern anhand der konkreten Bedarfspositionen zu ermitteln. Nach dem Vortrag der Ehefrau ist davon auszugehen, dass sich der Bedarf für den nachehelichen Unterhalt auf 6.438,00 DM = 3.291,70 EUR erhöht hat. Der daneben bestehende Wohnbedarf ist durch das Wohnen im eigenen Haus gedeckt.

Die ehelichen Lebensverhältnisse waren unter anderem auch geprägt durch Aufwendungen für eine Haushaltshilfe und für den Golfsport. An den Verhältnissen hat sich bis zu dem für die Bemessung des nachehelichen Unterhalts maßgeblichen Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung nichts geändert. Die zum Zeitpunkt der Scheidung bestehende rechnerische Grundlage des nachehelichen Unterhalts bleibt von nachträglichen Änderungen der Verhältnisse grundsätzlich unberührt. Die Feststellung einzelner Bedarfsposten beruht auf der Lebensführung während der bestehenden Ehe. Soweit sich nach deren Scheitern einzelne Positionen anders entwickeln (hier etwa durch die Aufgabe des Golfsports oder die Nichtinanspruchnahme einer Haushaltshilfe) stellt das keine Änderung der Verhältnisse dar, die für die Höhe des Bedarfs maßgebend waren. Anderes gilt nur dann, wenn der Unterhalt mit Rücksicht auf einen besonderen Bedarf des Unterhaltsberechtigten höher bemessen ist, als es sonst den ehelichen Lebensverhältnissen entsprochen hätte. Nur in einem solchen Fall würde der Fortfall dieses besonderen Bedarfs den Unterhaltsanspruch entsprechend ermäßigen. Dies ist hier nicht der Fall.

Der Unterhaltsbedarf ist gegenüber dem Urteil im Verfahren über den Trennungsunterhalt um 400,00 DM höhere Hauskosten höher anzusetzen. Dies ist schon deshalb gerechtfertigt, weil der Ehemann unstreitig seit 2002 nicht mehr die Grundbesitzabgaben zahlt und diese jedenfalls den Betrag von 400,00 DM erreichen. Somit errechnet sich der Bedarf von insgesamt 6.438,00 DM = 3.291,70 EUR.

Der Unterhaltsbedarf der Klägerin ist nicht dadurch gedeckt worden, dass im Zugewinnausgleich der "Goodwill" der Praxis des Ehemannes in die Berechnung einbezogen worden ist. Entgegen der Auffassung des Ehemannes handelt es sich bei den "Goodwill" nicht um ein künftiges Einkommen, sondern um einen Anteil des fiktiven Kaufpreises, den ein Dritter für den Erwerb der Praxis als Gegenwert für den derzeitigen Kapitalwert der Praxis zahlen müsste. Dass dieser "Goodwill" unter anderem nach der erwarteten Höhe künftiger Einnahmen bemessen wird, stellt keine vorweggenommene Vergütung künftiger Erlöse dar.

Den Bedarf kann die Ehefrau durch einen ihr zuzurechnenden Verdienst aus Erwerbstätigkeit in Höhe von 600,00 EUR decken, wobei der Erwerbstätigenbonus bereits Berücksichtigung gefunden hat.

Ein den Wohnbedarf übersteigender Wohnwert ist der Ehefrau nicht zuzurechnen. Der Senat hält den angesetzten Wert von 2.000,00 DM für angemessen.

Ferner sind die Mieteinkünfte der Klägerin bei der Unterhaltsberechnung zu berücksichtigen. Ein über die im Bedarf bereits enthaltene Rücklage von 150,00 DM monatlich und die Instandhaltungsrücklage von 628,20 DM jährlich hinaus gehender Betrag für Reparaturen ist nicht ge...

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