Rz. 29

Die D&O-Versicherung schützt die versicherten Organmitglieder (Vorstände, Geschäftsführer, Aufsichtsräte) vor einer Inanspruchnahme wegen Schäden, die sie durch ihre Amtstätigkeit verursacht haben. Die Organpersonen sind die versicherten Personen, die Gesellschaft ist die Versicherungsnehmerin und Prämienzahlerin. Man spricht hier auch von einer gesellschaftsfinanzierten D&O. Sie wird als Gruppenversicherung eingeordnet.[1] Daneben gibt es – allerdings mit einer nur geringen Verbreitung – auch die Möglichkeit, dass sich das Organmitglied mit einer Einzelpolice für sein Mandat bzw. seine Mandate (z.B. mehrere Aufsichtsratsmandate) absichert.

 

Rz. 30

Die D&O-Versicherung wird so vereinbart, dass die jeweilige Organperson (Geschäftsführer/Vorstand/Aufsichtsratsmitglied) als versicherte Person vertraglich ausdrücklich einen Direktanspruch gegen den D&O-Versicherer auf Versicherungsschutz erhält, während die Gesellschaft grundsätzlich – obwohl sie Vertragspartnerin und Versicherungsnehmerin ist – keinen eigenen Anspruch gegenüber dem D&O-Versicherer hat.[2] Daher kann die Gesellschaft vom D&O-Versicherer grundsätzlich vertraglich nicht verlangen, dass dieser die Organperson freistellt indem der Versicherer an den geschädigten Dritten oder bei der Innenhaftung an sie zahlt. Dies ändert sich, wenn die Organperson seinen Freistellungsanspruch bei der Innenhaftung an die Gesellschaft oder bei der Außenhaftung an den Dritten abtritt. Dann können der Dritte oder die Gesellschaft direkt gegen den Versicherer vorgehen. Sie müssten dann auch nicht vorgeschaltet einen Haftungsprozess führen. Ebenfalls erhält die Gesellschaft einen eigenen Anspruch, wenn eine entsprechende Klausel vereinbart ist (sog. Company Reimbursement-Klausel bzw. Side B -Deckung, siehe z.B. A-3 AVB D&O oder auch eine sog. Eigenschadenklausel). Dies betrifft einerseits Konstellationen, in denen die Gesellschaft die Organperson von seiner Haftung im Außenverhältnis gegenüber dem Dritten freistellt und nunmehr von dem D&O-Versicherer, der sonst die Organperson hätte freistellen müssen, Zahlung des Schadensersatzbetrages begehrt. Es gibt aber auch Klauseln für Fälle der Innenhaftung, in denen die Gesellschaft entweder nachträglich von einer Inanspruchnahme absieht oder wo aufgrund gesetzlicher oder vertraglicher Regelungen erst gar keine Organhaftung entsteht, sondern sogleich ein Eigenschaden bei der Gesellschaft eintritt, den der D&O-Versicherer aufgrund einer entsprechenden Vereinbarung erstatten soll (siehe ausführlich die Kommentierung bei A-3 AVB D&O).

 

Rz. 31

Ansonsten kann ein Recht der Gesellschaft aus gewillkürter Prozessstandschaft in Betracht kommen, im eigenen Namen den Anspruch der versicherten Person durchzusetzen. Dies erfordert ein eigenes schutzwürdiges Interesse der Gesellschaft und die Zustimmung der versicherten Person.[3] Die Zustimmung der versicherten Person kann ggf. entbehrlich sein, wenn diese ihren Versicherungsschutz nachhaltig nicht in Anspruch nimmt, etwa weil "ihr alles egal ist" bzw. sie "nichts mehr zu verlieren hat".[4]

 

Rz. 32

Eine Diskussion wird zu der Frage geführt, inwieweit die gesellschaftsfinanzierte D&O-Versicherung auch eine Eigenschadenversicherung ist bzw. ihr Zweck auch die Interessen der Gesellschaft einbezieht, sie insbesondere eine Bilanzschutzfunktion hat.[5] Unbestreitbar schützt die Versicherungsnehmerin mit der D&O-Versicherung ihre Organe vor einer Inanspruchnahme, um mittelbar auch ihr eigenes Vermögen zu schützen. Dieser Zweck ist häufig wichtiger als der Umstand, dass das Bestehen einer D&O-Versicherung häufig von Organmitgliedern zur Bedingung ihrer Mitarbeit erhoben wird. Dies zeigt sich auch daran, dass in der Praxis die D&O-Versicherung nicht selten auch völlig unabhängig von Forderungen der Manager installiert wird. Die Gesellschaft legt hierauf wert, damit im Haftungsfall werthaltige Haftungsansprüche wegen des dahinterstehenden D&O-Versicherers bestehen. Die Versicherungsnehmerin bzw. ihre Tochtergesellschaft schützen sich damit vor dem Insolvenzrisiko der Organperson, sichern sich aber auch die weitere Mitarbeit derselben, auf die sie kaum zählen könnten, wenn sie ihr Organmitglied mit einer Haftungsklage überziehen würden, dessen Kosten der Abwehr und im Falle des Unterliegens den Schadensersatzbetrag das Organmitglied aus seinem eigenen Vermögen zahlen müsste. Das Interesse der Gesellschaft wegen pflichtwidriger Organtätigkeit, einen werthaltigen Ersatzanspruch zu haben und damit keinen Vermögensschaden zu erleiden, ist daher von der D&O-Versicherung bezweckt.[6]

 

Rz. 33

Die Frage ist jedoch, was hieraus folgt bzw. wie weit diese Einbeziehung des Interesses geht. In jedem Fall ist dieses Interesse stets nur nachrangig nach dem Interesse der jeweiligen versicherten Person auf Freistellung zu berücksichtigen. Nach zutreffender Auffassung scheidet – auch ohne Vereinbarung eines expliziten Regressverzichts, der ohne weiteres möglich wäre - aufgrund der Einbeziehung des Interesses der Versich...

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