Rz. 60

D&O-Versicherungen erfreuen sich bei Vereinen auch im gemeinnützigen, kirchlichen Bereich einer hohen Beliebtheit.[1] Vereine können großen Betrieben, wie z.B. Sportbetrieben, Krankenhäusern, Gästehäusern, Schulen, Kindertagesstätten, Alten- oder Pflegeheimen vorstehen. Gleiches gilt z.B. auch für selbständige Stiftungen. In der Praxis ist der D&O-Versicherungsschutz in sog. erweiterten Vermögensschaden-Haftpflichtversicherungen enthalten. Die Bedingungen sind im Kern häufig mit der "klassischen" D&O-Versicherung vergleichbar. Bei besonders "guten Kunden" kommt es auch zum Einschluss von wissentlichen Pflichtverletzungen in den Versicherungsschutz (siehe dazu unten die Ausführungen bei A-7 AVB D&O V 2 ff.).

 

Rz. 61

Bei einem Verein kann ein Aufsichtsrat gebildet werden. Dies ist aber nicht zwingend. Der Abschluss der D&O-Versicherung erfolgt durch den Vorstand. Da ihr organschaftlicher Status im Hinblick auf die Haftung betroffen ist, bedarf es im Innenverhältnis einer Ermächtigung durch die Mitgliederversammlung oder einer entsprechenden Ermächtigungsklausel in der Vereinssatzung. Nach außen hat das Fehlen einer Zustimmung der Mitgliederversammlung oder einer Satzungsregelung keinen Einfluss auf die Wirksamkeit des abgeschlossenen D&O-Versicherungsvertrags. Im Innenverhältnis liegt aber ein pflichtwidriges Handeln des Vorstands vor. Dies kann eine Haftung für die aus dem Vereinsvermögen gezahlten Versicherungsprämien auslösen.

 

Rz. 62

Beim Vorstand im Vereinsrecht, das im BGB in den §§ 21 ff. geregelt ist, fehlte lange eine Haftungsvorschrift zur Organhaftung des Vorstands bzw. eines etwaigen Aufsichtsrats bzw. Kontrollorgans gegenüber dem Verein vergleichbar den Vorschriften bei der AG (§ 93 Abs. 2 1 AktG), der GmbH (§ 43 Abs. 2 GmbHG) oder der Genossenschaft (§ 34 Abs. 2 Satz 1 GenG). In § 27 Abs. 3 BGB heißt es jedoch, dass für die Geschäftsführung des Vorstands die für den Auftrag geltenden Vorschriften der §§ 664 bis 670 BGB entsprechende Anwendung finden. Zusätzlich hat der Gesetzgeber mit Wirkung ab dem 29.3.2013 § 31a BGB durch das Gesetz zur Stärkung des Ehrenamts eingeführt. Dort ist geregelt, dass dann, wenn Organmitglieder oder besondere Vertreter unentgeltlich tätig werden oder sie für ihre Tätigkeit eine Vergütung, die 840 EUR jährlich nicht übersteigt (Stand 12/2022), erhalten, sie dem Verein bzw. den Vereinsmitgliedern für einen bei der Wahrnehmung ihrer Pflichten verursachten Schaden nur beim Vorliegen von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit haften. Wichtig: Diese Haftungsbegrenzung gilt nicht für Ansprüche Dritter, insbesondere auch nicht für die Haftung gegenüber dem Finanzamt gemäß § 69 AO.[2]

 

Rz. 63

Nicht deutlich ist, ob die § 31a BGB die Haftung unterstellt und für die vorgenannten Fälle die einfache Fahrlässigkeit ausschließt oder ob die Norm für die Fälle der groben Fahrlässigkeit und des Vorsatzes die Haftung begründet. Einigkeit besteht darüber, dass über § 27 III BGB und den Verweis auf das Auftragsrecht eine Haftung bei der Verletzung der Pflichten aus dem organschaftlichen Rechtsverhältnis für hierdurch verursachte Schäden besteht (§§ 27 Abs. 3, 664 ff., 280 Abs. 1 BGB).[3].>Besteht ein Anstellungsverhältnis mit dem Vorstand, kommt zudem eine Verantwortlichkeit des Vorstandsmitglieds aus § 280 BGB in Betracht.[4]

[1] Siehe instruktiv: Dreher/Fritz Die Vorstandshaftung im Verein und die D&O-Versicherung, npoR 2020, 171.
[2] Dreher/Fritz npoR 2020, 171, 173.
[3] Leuering/Keßler NJW-Spezial 2017, 335
[4] Leuering/Keßler NJW-Spezial 2017, 335

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