Das Wichtigste in Kürze:

1. Verbundene Verfahren können jederzeit wieder getrennt werden. Es ist auch eine nur vorübergehende Trennung grds. zulässig.
2. Durch das "Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung" v. 13.4.2017 (BGBl I, S. 872) sind die §§ 422, 423 neu in die StPO eingefügt worden. Diese sehen die Möglichkeit der Abtrennung in den Fällen der Einziehung (§§ 73 ff. StGB) vor.
3. In Zusammenhang mit der (Ab-)Trennung von Verfahren gegen mehrere Angeklagte wird sich ggf. die Frage der Besorgnis der Befangenheit stellen, wenn das Gericht in dem abgetrennten Verfahren eine abschließende Entscheidung getroffen hat.
4. Die (Ab-)Trennung erfolgt entweder in oder außerhalb der HV durch Beschluss des Gerichts.
5. Gegen den Abtrennungsbeschluss kann ggf. das Rechtsmittel der Beschwerde zulässig sein.
6. Nach einer Abtrennung muss der Verteidiger auch das abgetrennte Verfahren und seinen Verlauf im Auge behalten.
 

Rdn 337

 

Literaturhinweise:

Bittmann, Das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung in der Rechtsprechung 2019/20, Teil 1, NStZ 2020, 517

Burhoff, Die Abrechnung der anwaltlichen Tätigkeit in mehreren Strafverfahren Teil 2: Trennung von Verfahren, RVGreport 2008, 444

ders., Trennung von Verfahren: So wirkt sie sich auf die Gebühren aus, RVG­professionell 2012, 213

Deutscher, Die Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung, StRR 9/2017, 4

Fromm, Der neue § 29a OWiG ("Einziehung des Wertes von Taterträgen"): Umfassende Neuregelung der Vermögensabschöpfung, zfs 201, 551

Köhler/Burkhard, Die Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung – Teil 1/2 – Überblick und Normverständnis für die Rechtspraxis – NStZ 2017, 497

dies., Die Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung – Teil 1/2 – Überblick und Normverständnis für die Rechtspraxis –, NStZ 2017, 665

Rotsch/Sahan, Verbindung und Trennung von Strafsachen, JA 2005, 801.

 

Rdn 338

1.a) (Verbundene) Verfahren (→ Verbindung von Verfahren, Teil V Rdn 3236) können jederzeit wieder ­getrennt werden. Dies kommt insbesondere in Betracht, wenn von mehreren Angeklagten einer in der HV nicht erschienen ist, das Gericht gegen die anderen aber verhandeln möchte/muss (→ Ein­stellung des Verfahrens nach § 205 wegen Abwesenheit des Angeklagten oder anderer Hindernisse, Teil E Rdn 1648; vgl. a. OLG Celle, Beschl. v. 15.4.2021 – 3 Ws 91/21, StraFo 2021, 242 m. Anm. Deutscher StRR 5/2021, 18). Die Abtrennung kann aber auch den Zweck haben, das Verfahren wegen eines Tatvorwurfs zum Abschluss bringen zu können, während wegen eines anderen noch weiterverhandelt werden muss. Eine Abtrennung ist auch möglich, wenn gegen einen Jugendlichen und seine Eltern gemeinsam verhandelt wird und ihnen eine gemeinschaftliche Tatbegehung zur Last gelegt wird (LG Köln ZJJ 2009, 382).

 

☆ Nach § 4 Abs. 1 steht die Trennung im Ermessen des Gerichts (BGH StV 2011, 650). Bei seiner Entscheidung muss das Gericht berücksichtigen, dass die Abtrennung nicht nur die Stellung der (Mit-)Angeklagten insoweit berührt, dass sie in dem jeweils anderen Verfahren die Stellung eines Zeugen erhalten, sondern auch die Möglichkeiten des Gerichts und des/der Angeklagten beeinträchtigt, sich mit Abweichungen und Übereinstimmungen in den wechselseitigen Einlassungen unmittelbar auseinanderzusetzen (BGH, a.a.O.).Ermessen des Gerichts (BGH StV 2011, 650). Bei seiner Entscheidung muss das Gericht berücksichtigen, dass die Abtrennung nicht nur die Stellung der (Mit-)Angeklagten insoweit berührt, dass sie in dem jeweils anderen Verfahren die Stellung eines Zeugen erhalten, sondern auch die Möglichkeiten des Gerichts und des/der Angeklagten beeinträchtigt, sich mit Abweichungen und Übereinstimmungen in den wechselseitigen Einlassungen unmittelbar auseinanderzusetzen (BGH, a.a.O.).

 

Rdn 339

b) In den o.a. Fällen kommt es i.d.R. zu einer endgültigen Trennung der Verfahren. Für einen ggf. nicht erschienenen (Mit-)Angeklagten ist dann ein neuer HV-Termin anzuberaumen (zu den Vergütungsfragen Burhoff RVGreport 2008, 444; ders., RVGprofessionell 2012, 213, Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG, Teil A: Trennung von Verfahren, Rn 2114 ff.; zur → Aufklärungspflicht des Gerichts, Teil A Rdn 422, im Hinblick auf die allgemeine Pflicht, ehemals Mitangeklagte nach Abtrennung und rechtskräftiger Verurteilung als Zeugen zu laden und zu vernehmen (BGH, Beschl. v. 25.3.2021 – 3 StR 10/20).

 

Rdn 340

c) Grds. zulässig ist auch eine nur vorübergehende Trennung verbundener Verfahren. Sie ist rechtlich dann nicht zu beanstanden, wenn sie vorgenommen wird, um einen Mitangeklagten zu einem strafrechtlichen Vorwurf, der ihn selbst nicht betrifft, als Zeugen in dem weiterlaufenden Verfahren gegen die anderen Mitangeklagten zu vernehmen (BGHSt 10, 8 ff.; 27, 139, 141; BGH JR 1969, 148; KK-Scheuten, § 2 Rn 16). Mit der vorübergehenden Abtrennung darf aber nicht der Zweck verfolgt werden, einen Angeklagten zu demselben Tatgeschehen, das auch ihm zur Last gelegt wird, als Zeugen zu hören (BGH NStZ-RR 1998, 259 [K]). Eine vorü...

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