Rz. 22

Muster 9.5: Rechtsbehelfe in der Verwaltungsgerichtsbarkeit

 

Muster 9.5: Rechtsbehelfe in der Verwaltungsgerichtsbarkeit

_________________________ (Adresse)

Sehr geehrte/r Herr/Frau _________________________,

1. Ihr gerichtlicher Rechtsbehelf in der ersten Instanz vor dem Verwaltungsgericht war leider nicht erfolgreich. Sie haben jetzt je nach Art der gerichtlichen Entscheidung eine der folgenden Möglichkeiten:

a) Berufung nach vorheriger Berufungszulassung zum Oberverwaltungsgericht (OVG) bei einem klageabweisenden Urteil. Frist: ein Monat
b) Beschwerde zum OVG im einstweiligen Rechtsschutz, d.h. bei einem antragabweisenden Beschluss zur Wiederherstellung oder Anordnung der aufschiebenden Wirkung (nach §§ 80, 80aVwGO) sowie bei einem antragabweisenden Beschluss zur vorläufigen Sicherung oder Regelung (nach § 123 VwGO). Frist: zwei Wochen
c) Revision nach vorheriger Revisionszulassung zum Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) bei einem vom OVG zurückgewiesenen Normenkontrollantrag gegen einen Bebauungsplan. Revision ebenfalls bei einem abweisenden Urteil des OVG in II. Instanz, aber nur dann, wenn es nicht um die Anwendung speziellen Landesrechts geht. Frist: ein Monat.

Bitte beachten Sie unbedingt die einzuhaltenden Fristen! Lassen Sie sich dazu so schnell wie möglich von uns beraten und bedenken Sie dabei, dass wir Zeit zur rechtlichen Prüfung und Bearbeitung benötigen (siehe auch das Muster "Fristen", Rdn 1>).

2. Prüfungsumfang bei den Rechtsmitteln in der II. und III. Instanz der Verwaltungsgerichtsbarkeit

a) Berufung: bei der Berufung erfolgt eine volle Nachprüfung der gerichtlichen Entscheidung durch die übergeordnete Instanz in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht. Voraussetzung ist allerdings die Berufungszulassung. Der Berufungsführer kann die Überprüfung durch seinen Antrag auch auf eine bestimmte Frage beschränken.
b) Revision: hier erfolgt eine Kontrolle des vorinstanzlichen Urteils allein in rechtlicher Hinsicht. Eine Beweisaufnahme scheidet daher aus. Voraussetzung ist allerdings, dass die Revision zugelassen wurde.
c) Beschwerde: bei der Beschwerde erfolgt eine Nachprüfung der gerichtlichen Entscheidung durch die übergeordnete Instanz in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht. Im vorläufigen Rechtsschutz erfolgt – ebenso wie in der ersten Instanz – nur eine pauschale Prüfung, um wegen der Eilbedürftigkeit schnell zu einer Entscheidung kommen zu können.

3. Weitere gerichtliche Rechtsbehelfe

Für den Fall, dass die Rechtsmittelfrist gegen die Entscheidung bereits abgelaufen oder der Instanzenweg ausgeschöpft ist, besteht eventuell noch eine der folgenden Möglichkeiten für Sie:

a) Klage auf Wiederaufnahme des Verfahrens – Dies ist aber nur in sehr engen Grenzen möglich, z.B., wenn Sie eine Urkunde auffinden, die zu einer günstigeren Entscheidung führen würde, oder wenn sich herausgestellt hat, dass das Urteil auf strafbar verfälschten Beweisen beruhte, oder wenn es sich auf ein anderes Urteil stützt, welches inzwischen durch ein rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist. Achtung: Die Klage kann nur innerhalb einer Frist von einem Monat nach Kenntnis von dem Anfechtungsgrund erhoben werden! Die Klage ist nicht mehr zulässig, wenn die die beanstandete Entscheidung schon seit mehr als fünf Jahren rechtskräftig ist.
b) Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand – Wenn Sie ohne Ihr Verschulden eine gesetzliche Frist versäumt haben, zum Beispiel die Frist zur Klage gegen einen belastenden Verwaltungsakt, besteht noch die Chance auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Die versäumte Handlung ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses nachzuholen, in bestimmten Fällen der II. Instanz gilt die Frist von einem Monat. Das Hindernis, zum Beispiel ein Krankenhausaufenthalt, muss nachgewiesen werden. Nach einem Jahr seit Ende der Frist ist der Antrag unzulässig.
c) Anhörungsrüge – Beruht die angegriffene Entscheidung darauf, dass das Gericht Ihnen nicht genügend rechtliches Gehör gegeben hat, z.B. weil es einen Schriftsatz übersehen hat, so ist dies innerhalb von zwei Wochen nach Verletzung des rechtlichen Gehörs schriftlich zu rügen. Ist die Rüge begründet, wird das Verfahren fortgeführt. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Die Anhörungsrüge ist jedoch nur dann zulässig, wenn es ansonsten kein Rechtsmittel und keinen Rechtsbehelf gegen die Entscheidung gibt.

Mit freundlichen Grüßen

_________________________

(Rechtsanwalt)

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge