Rz. 36

Die Feststellungsklage hat ihren Platz im Bereich des Erbrechts vor allem in Dingen, wenn es um die Klärung einzelner Streitpunkte geht, die nicht ohne Weiteres mit einer Leistungsklage erfolgen kann. Die Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft scheitert häufig an unterschiedlichen Auffassungen, ob und in welchem Umfang Forderungen im Rahmen der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft zu berücksichtigen oder welche Zuwendungen wie auszugleichen sind (vgl. hierzu § 7). Im Rahmen einer Auseinandersetzungsklage müsste diesen unterschiedlichen Auffassungen mit zahlreichen Hilfsanträgen Rechnung getragen werden (siehe oben Rdn 32): Denn im Rahmen der Formulierung der Hilfsanträge müsste jegliche Kombination von unterschiedlichen Auffassungen berücksichtigt werden. Das mag vertretbar sein, wenn lediglich eine Forderung u.Ä. streitig ist. Je mehr Streitpunkte hinzukommen, umso unübersichtlicher würde diese Vorgehensweise.

 

Rz. 37

Der BGH hält daher eine Feststellungsklage zur Klärung einzelner Streitpunkte für zulässig: Dies ist nach der Rechtsprechung des BGH ausdrücklich auch dann zulässig, wenn eine Leistungsklage grundsätzlich möglich wäre.[103] Mehrere streitige Punkte können hier auch in einer Klage zusammengefasst werden.

 

Rz. 38

Muster 9.2: Feststellungsklage

 

Muster 9.2: Feststellungsklage

(nach Uricher/Rißmann, Erbrecht, § 3 Rn 165)

Landgericht Berlin

10617 Berlin

Klage

des Bauingenieurs Daniel Meier,

Goethestraße 16, 20348 Hamburg

– Kläger –

Prozessbevollmächtigte:

Rechtsanwälte Clever und Smart,

Königstraße 10C, 70173 Stuttgart

gegen

Frau Magda Meier,

Schillerstraße 15, 10179 Berlin

– Beklagte[104]

wegen: Feststellung,

vorläufiger Streitwert: 98.000 EUR.

Namens und in Vollmacht des Klägers erheben wir Klage und werden im Termin zur mündlichen Verhandlung beantragen,

1. festzustellen, dass die Beklagte im Rahmen der Erbauseinandersetzung mit dem Kläger und Frau Anna Lessing-Meier, Pacellistraße 5, 80333 München in der Nachlasssache nach Herrn Max Meier verpflichtet ist, das für die Erbengemeinschaft geführte Darlehen bei der Finanz-Bank Berlin zur dortigen Darlehens-Nr. 2309 1606 sich hälftig auf ihren Anteil am Nachlass anrechnen zu lassen

sowie

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, sich im Rahmen der Erbauseinandersetzung mit dem Kläger in der Nachlasssache nach Herrn Max Meier die im Rahmen der Aufnahme des Darlehens bei der Finanz-Bank Berlin zur dortigen Darlehens-Nr. 2309 1606 entstandenen Aufwendungen hälftig anrechnen zu lassen sind, insbesondere also die Kosten für den Abschluss des Darlehensvertrages sowie die Zinszahlungen.

Für den Fall der Säumnis beantragen wir den Erlass eines Versäumnisurteils.

Wir bitten darum,

gemäß Nr. 9000 Abs. 3 Kostenverzeichnis GKG eine weitere kostenfreie Ausfertigung bzw. Abschrift jeder gerichtlichen Entscheidung oder eines geschlossenen Vergleichs und aller künftigen Sitzungs- und Verkündungsprotokolle zu übersenden.

Begründung

A. Sachverhalt

I. Die Parteien des Rechtsstreites sind Erben aufgrund gesetzlicher Erbfolge nach dem am 11.4.2016 verstorbenen Max Meier. Der Kläger ist der Sohn des Erblassers, die Beklagte war seine Ehefrau. Der Erblasser hatte außerdem eine Tochter, Frau Anna Lessing-Meier, Pacellistraße 5, 80333 München. Die Eheleute hatten keine ehevertraglichen Regelungen getroffen, so dass die Beklagte Erbin aufgrund gesetzlicher Erbfolge zu ½ geworden ist. Der Kläger ist neben seiner Schwester Erbe zu je ¼.
II.

Der Erblasser hatte im Dezember 2012 ein Darlehen in Höhe von 1 Mio. DM aufgenommen. Mit den Mitteln aus diesem Darlehen erwarb er eine Immobilie in Dresden. Zur Sicherung dieses Darlehens wurde unter anderem eine Grundschuld in die damals dem Erblasser gehörende Immobilie in der Annastraße 16, 12247 Berlin eingetragen. Diese Immobilie übertrug der Erblasser dem Kläger im Dezember 2016.

Die mit dem Darlehen angeschaffte Immobilie in Dresden wurde im Dezember 2015 veräußert. Der Veräußerungserlös wurde angelegt, um aus diesen Mitteln einerseits die laufenden Zins- und Tilgungsleistungen des Darlehens zu bedienen und andererseits bei Fälligkeit im Juni 2018 die Rückzahlung der Darlehensvaluta zu gewährleisten.

Vor Fälligkeit des Darlehens im Juni 2018 hat die Beklagte auf diverse Schreiben des Klägers mit der Bitte um Rücksprache hinsichtlich der Darlehensrückzahlung nicht reagiert. Um Zwangsvollstreckungsmaßnahmen der darlehensgebenden Bank zu verhindern und somit letztlich auch Schaden vom Beklagten und der Erbengemeinschaft als ganzes abzuwenden, hat der Kläger eine kurzfristige Finanzierung des noch offenen Darlehensbetrages zu günstigen Konditionen bei einem anderen Kreditinstitut erreicht und konnte somit das ursprüngliche Darlehen zunächst zurückführen. Die Beklagte wurde vom Kläger hierüber im Vorfeld mehrfach informiert. Sie wurde um Mithilfe gebeten. Die Beklagte lehnte ab.

Vorprozessual hat die Beklagte die Auffassung vertreten, dass sie im Rahmen der Nachlassauseinandersetzung nicht verpflichtet sei, die hälftige Darlehensschuld mitzu...

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