Rz. 43

Seit einer Gesetzesänderung aus dem Jahr 1990 sind Schmerzensgeldansprüche vererbbar. Aus diesem Grunde ist bei jedem tödlich verlaufenden Verkehrsunfall stets zu prüfen, ob der Geschädigte bis zum Eintritt des Todes noch einen Schmerzensgeldanspruch erworben hat, der mit dem Todeseintritt auf die Erben übergegangen ist.

 

Rz. 44

Muster 9.10: Schmerzensgeld bei tödlich verlaufendem Verkehrsunfall

 

Muster 9.10: Schmerzensgeld bei tödlich verlaufendem Verkehrsunfall

_________________________ Versicherung AG

_________________________

_________________________

Schaden-Nr./VS-Nr./Az. _________________________

Schaden vom _________________________

Pkw _________________________, amtl. Kennzeichen _________________________

Sehr geehrte Damen und Herren,

noch zu Lebzeiten ist der Schmerzensgeldanspruch des Verstorbenen entstanden, der im Wege des Erbes übergegangen ist. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Tod nicht bereits an der Unfallstelle, sondern später eingetreten ist: _________________________.

Zwischen dem Schadenseintritt und dem Tod des Sohnes meiner Mandanten verstrichen mindestens zwei Stunden. In dieser Zeit erwarb er einen Schmerzensgeldanspruch, der im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge auf meine Mandanten übergegangen ist. Diesem Anspruch steht nicht entgegen, dass der Verstorbene in der Zeit zwischen dem Schadenseintritt und seinem Ableben bewusstlos war.

Unter Berücksichtigung der skizzierten Umstände und insbesondere der Tatsache, dass der Betroffene erkennbar und nachweislich über den Zeitraum von _________________________ Stunden erhebliche Schmerzen zu erleiden hatte, erachte ich ein Schmerzensgeld in Höhe von _________________________ EUR als angemessen. Wegen der Einzelheiten hierzu verweise ich auf die in der Schmerzensgeldtabelle Hacks/Wellner/Häcker veröffentlichten Entscheidungen unter den laufenden Nr. _________________________.).

Für den Ausgleich des Schmerzensgeldbetrags habe ich mir eine Frist bis zum

_________________________ (14-Tages-Frist)

notiert. Nach fruchtlosem Fristablauf werde ich meiner Mandantschaft empfehlen, gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Mit freundlichen Grüßen

(Rechtsanwalt)

 

Rz. 45

Je länger die Zeitspanne des Überlebens ist, desto höher fällt das Schmerzensgeld aus.[53] Daneben wird das Schmerzensgeld bei tödlich verlaufenden Unfällen auch als symbolischer Akt der Wiedergutmachung verstanden,[54] für den es auf die Dauer des Überlebens nicht ankommen kann. Letztendlich erfordert die Bemessung des Schmerzensgelds eine Gesamtbetrachtung aller Umstände unter besonderer Berücksichtigung der Art und Schwere der Verletzung, des dadurch bewirkten Leidens und seiner Wahrnehmung durch den Verletzten.[55] Der Tod selbst ist kein bei der Bemessung des Schmerzensgeldes maßgebender Gesichtspunkt. Er ist begrifflich ausgeschlossen, dem Geschädigten hierfür einen Schadensersatz zu gewähren. Die Ausgleichs- und Genugtuungsfunktion kann hier nicht mehr Platz greifen. Unerheblich ist, welchen fiktiven Anspruch der Getötete haben könnte, wenn er überlebt hätte. Auch auf das Miterleben Dritter kommt es an dieser Stelle nicht an.[56]

Der Anspruch kann abzulehnen sein, wenn die Körperverletzung gegenüber dem alsbald eintretenden Tod keine abgrenzbare immaterielle Beeinträchtigung darstellt. Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn der Verletzte unmittelbar nach dem Unfall verstirbt.[57]

[53] Jahnke, § 3 Rn 67 ff.; Küppersbusch/Höher, Rn 290.
[54] OLG Düsseldorf VersR 1989, 1203; BGH, Urt. v. 16.12.1975 – VI ZR 175/74 = NJW 1976, 1147.
[55] OLG Naumburg, Beschl. v. 7.3.2005 – 12 W 118/04 = NZV 2005, 530; BGHZ 138, 388 ff. = NJW 1998, 2741 ff.
[56] LG Berlin, Beschl. v. 17.10.2003 – 24 O 291/03 – juris; KG, Urt. v. 11.7.1996 – 12 U 3625/95 = VersR 1997, 327; KG, NJW 1974, 607 f. = VersR 1974, 249.
[57] OLGR Hamm 2001, 153.

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