Rz. 52

Die Leistungsfreiheit bestimmt sich nach § 28 VVG (§ 6 Abs. 1 und 2 VVG a.F.). Hiernach tritt Leistungsfreiheit des Versicherers aufgrund einer Obliegenheitsverletzung nicht ein, wenn die Verletzung keinen Einfluss auf den Eintritt des Rechtsschutzfalles oder den Umfang der ihm obliegenden Leistungen gehabt hat und/oder als unverschuldet anzusehen ist.

 

Rz. 53

Festzustellen ist, dass die Leistungsfreiheit voraussetzt, dass zwischen der Obliegenheitsverletzung und dem Versicherungsfall oder dem Umfang der Versicherungsleistung auf Rechtsverfolgungskosten Kausalität i.S.v. § 28 VVG (§ 6 Abs. 2 VVG a.F.) gegeben ist. Kausalität dürfte in aller Regel gegeben sein.[31]

 

Rz. 54

Die Voraussetzungen der Kausalität müssen differenziert geprüft werden. Im Zusammenhang mit einem Rechtsschutzfall zum Straf- oder OWi-Recht wird das Fahren ohne die vorgeschriebene Fahrerlaubnis oder ohne Fahrzeugzulassung in der Regel und das Fahren ohne Fahrberechtigung häufig den Eintritt des Rechtsschutzfalles unmittelbar auslösen. Denn es handelt sich hierbei um ein Vergehen gem. § 21 StVG bzw. um eine Ordnungswidrigkeit nach § 15d oder § 18 Abs. 1 i.V.m. § 69a Abs. 1 Nr. 10 oder Abs. 2 Nr. 3 StVZO oder, wenn die Fahrt gegen den Willen des Berechtigten erfolgt ist, etwa bei einer Gebrauchsentwendung, handelt es sich um einen Straftatbestand.

 

Rz. 55

Beim Schadenersatz-Rechtsschutz, wenn ein Fahrer, der nicht im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis ist, von einem Schadenereignis betroffen wird, aufgrund dessen ihm Schadenersatzansprüche gegen den Schädiger zustehen, hat das Fehlen der Fahrerlaubnis nicht in jedem Fall Einfluss auf den Eintritt des Rechtsschutzfalls und damit auf die Notwendigkeit der Aufwendung von Rechtskosten. In dieser Fallgestaltung ist wiederum zu unterscheiden zwischen einem Schadenereignis, das den Tatbestand eines Vergehens oder einer Ordnungswidrigkeit beinhaltet, und dem Fall, in dem ein Vorwurf nicht erhoben wird, etwa weil die Polizei zum Unfall nicht hinzugezogen wurde. Hier stellt sich die Frage, ob das Fehlen der Fahrerlaubnis zum Eintritt des Schadenereignisses sich in irgendeiner Weise ausgewirkt hat.[32]

 

Rz. 56

Auch kann sich die Kausalitätsfrage ergeben im Schadenersatz-Rechtsschutz, wenn die Betriebserlaubnis weggefallen und damit die Zulassung erloschen ist. Die Kausalität kann fehlen, wenn der Unfall trotz der genannten Umstände eingetreten ist.

 

Beispiel

Es kommt zu einem Unfall, bei dem der Unfallgegner die Vorfahrt verletzt.

Bei dieser Konstellation ist erkennbar eine Kausalität nicht gegeben mit der Folge, dass die Rechtsfolgen der Obliegenheitsverletzung wegen nicht gegebener Kausalität entfallen.

 

Rz. 57

Im Übrigen wirkt sich beim Fahren ohne Fahrberechtigung oder mit nicht zugelassenem Fahrzeug die Gefahr der Entstehung erhöhter Aufwendungen für Rechtskosten bei der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen des Fahrers dann nicht aus, wenn der Unfall für den Fahrer unabwendbar war. Beim Fahrzeugvertrags-Rechtsschutz wird die Verletzung einer Obliegenheit nur dann ausnahmsweise kausal i.S.v. § 28 Abs. 3 S. 1 VVG (§ 6 Abs. 2 VVG a.F.) sein, wenn die Interessenwahrnehmung aus dem schuldrechtlichen Vertrag eine adäquate Folge aus einem durch die Obliegenheitsverletzung mit beeinflussten Schadenereignis ist.

[31] Van Bühren/Schneider, § 13 Rn 441 f.
[32] Hierzu grundlegend BGH VersR 1976, 531 sowie VersR 1978, 1129.

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