I. Mitteilungspflichten

 

Rz. 1

Ist Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden, besteht für den begünstigten Beteiligten gemäß § 120a Abs. 2 Satz 4 ZPO für die Dauer von 4 Jahren – gerechnet ab der rechtskräftigen Entscheidung oder der sonstigen Beendigung des Verfahrens – die Pflicht,

jede Änderung der Adresse und
jede wesentliche Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse

unaufgefordert dem Gericht mitzuteilen.[1]

 

Rz. 2

Auf diese Verpflichtungen ist der Antragsteller bereits in dem von ihm unterschriebenen Verfahrenskostenhilfe-Formular deutlich hingewiesen worden:

 

Rz. 3

 

Rz. 4

 

Praxistipp:

Eine Verletzung der Mitteilungspflichten führt unter den Voraussetzungen des § 124 Nr. 4 ZPO zur Aufhebung der Bewilligung.
Der Verfahrensbevollmächtigte tut gut daran, seinerseits den Mandanten durch entsprechende deutliche Hinweise zu motivieren, seinen Mitteilungspflichten nachzukommen.
Denn jede durch Versäumnisse ausgelöste spätere gerichtliche Maßnahme zu Lasten des Mandanten löst weitere – unbezahlte – Zusatzarbeiten des Anwaltes aus.
Mit hinreichenden zusätzlichen Belehrungen durch den Anwalt kann auch den Vorstellungen des Mandanten entgegengewirkt werden, trotz eigener Versäumnisse den Anwalt in Regress zu nehmen.
[1] Ausführlich Viefhues, FF 2014, 385 sowie Götsche/Nickel, FamRB 2013, 403 und Viefhues, FuR 2013, 488.

II. Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse

 

Rz. 5

Zu denken ist in der Praxis einmal an Verbesserungen des Einkommens:

höheres Gehalt z.B. bei Ausweitung der Erwerbstätigkeit,
Gehaltsnachzahlungen, Prämien, Bonuszahlungen,
zusätzliches Einkommen aus einer weiteren Tätigkeit,
Einkommen aufgrund der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit,
auch erhaltene Unterhaltszahlungen,
Steuerrückzahlungen.
 

Rz. 6

Aus § 120a Abs. 2 Satz 2 ZPO ergibt sich, dass auch der Wegfall abzugsfähiger Belastungen unaufgefordert mitgeteilt werden muss, wenn die Wesentlichkeitsgrenze überschritten ist.

 

Rz. 7

Relevant sind damit auch geringere Ausgaben wie z.B.[2]

Auslaufen der Kreditraten,
Auslaufen der Prozesskostenhilfe-Raten aus früheren Verfahren,
Wegfall von Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern oder der Ehefrau,
geringere Miete,
geringere Fahrtkosten aufgrund eines Wohnungswechsels.

Gegenüber der Verpflichtung zur eigenständigen Tragung der Verfahrenskosten sind neue Schuldverbindlichkeiten als nachrangig anzusehen.[3]

Auch nach der Bewilligungsentscheidung erlangtes Vermögen ist hier von Bedeutung. Dabei kann dem Beteiligten im Rahmen einer Änderungsentscheidung Vermögen zugerechnet werden, das er inzwischen erworben, aber in Kenntnis der Abänderungsmöglichkeit wieder ausgegeben hat, womit er seine zeitweilig entfallene Leistungsunfähigkeit böswillig wieder herbeigeführt hat. Dies gilt wegen der im Gesetz normierten Möglichkeit zur Änderung einer Verfahrenskostenhilfeentscheidung innerhalb der folgenden vier Jahre (§ 120a Abs. 1 S. 4 ZPO) generell und ist auch nicht vom Zugang einer entsprechenden Verfügung des Gerichts abhängig.[4]

Sogar der Erlös nach Veräußerung der im Miteigentum stehenden privilegierten Immobilie (§ 115 Abs. 3 ZPO i.V.m. § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII) muss vorrangig für die Verfahrenskostenhilfe eingesetzt werden und kann nicht für die Anschaffung einer Ersatzimmobilie (Eigentumswohnung) verwendet werden. Der Verkaufserlös unterfällt gerade nicht dem § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII.

 

Rz. 8

Gegenüber der Verpflichtung zur eigenständigen Tragung der Verfahrenskosten sind neue Schuldverbindlichkeiten als nachrangig anzusehen.[5]

 

Rz. 9

Auch nach der Bewilligungsentscheidung erlangtes Vermögen ist hier von Bedeutung. Dabei kann dem Beteiligten im Rahmen einer Änderungsentscheidung Vermögen zugerechnet werden, das er inzwischen erworben, aber in Kenntnis der Abänderungsmöglichkeit wieder ausgegeben hat, womit er seine zeitweilig entfallene Leistungsunfähigkeit böswillig wieder herbeigeführt hat. Dies gilt wegen der im Gesetz normierten Möglichkeit zur Änderung einer Verfahrenskostenhilfeentscheidung innerhalb der folgenden vier Jahre (§ 120a Abs. 1 S. 4 ZPO) generell und ist auch nicht vom Zugang einer entsprechenden Verfügung des Gerichts abhängig.[6]

 

Rz. 10

Sogar der Erlös nach Veräußerung der im Miteigentum stehenden privilegierten Immobilie (§ 115 Abs. 3 ZPO i.V.m. § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII) muss vorrangig für die Verfahrenskostenhilfe eingesetzt werden und kann nicht für die Anschaffung einer Ersatzimmobilie (Eigentumswohnung) verwendet werden. Der Verkaufserlös unterfällt gerade nicht dem § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII.[7]

[2] Zimmermann, Prozesskostenhilfe, Rn 405 m.w.N.; Jungbauer, Rn 44.
[3] OLG Brandenburg v. 15.10.2018 – 9 WF 229/18, FuR 2019, 476.
[5] OLG Brandenburg v. 15.10.2018 – 9 WF 229/18, FuR 2019, 476.

III. Definition der Wesentlichkeit

 

Rz. 11

§ 120a Abs. 2 S. 2 ZPO gibt für den besonders relevanten Fall der Einkommens...

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