Rz. 266

Eine Regelung des Nutzungsrechts der Ehewohnung ist bei Trennung und Scheidung aus praktischen Gründen unumgänglich, und sei es schlüssig durch einvernehmliche Handhabung.

Während das Gesetz unterschiedliche Regelungen für die Zeit vor (§ 1361b BGB) und nach der Scheidung (§ 1568a BGB) vorsieht, ist eine solche Zäsur bei einem Ehevertrag weder erforderlich noch – in der Regel – überhaupt sinnvoll.

 

Rz. 267

Eine einvernehmliche Lösung ist unbedingt vorzuziehen, allein um der Rechtssicherheit Willen, nämlich für den Fall, dass es sich einer der Ehegatten später anders überlegt. Eine solche Lösung sollte daher auch schriftlich niedergelegt werden.

Mangels einer einvernehmlichen Lösung kann jeder Ehegatte beantragen, dass ihm der andere die Wohnung zur alleinigen Benutzung ganz oder zum Teil überlässt. Die näheren Voraussetzungen regelt § 1361b BGB.

 

Rz. 268

Wie immer bietet eine Vertragslösung die Vorteile der Vermeidung (weiterer) Eskalation und der größeren Flexibilität.

Einigen sich die Ehegatten gütlich über die Nutzung der Ehewohnung für die Trennungszeit, ist unbedingt anzuraten, eine entsprechende Regelung für Zeit nach der Scheidung mit einzubeziehen.

 

Rz. 269

§ 1361b BGB setzt nicht voraus, dass die Ehegatten bereits getrennt leben. Trennungsabsicht genügt. Folglich – das ist klar – kann eine entsprechende Vereinbarung bereits vor der Trennung rechtswirksam erfolgen. Um spätere Friktionen zum Zeitpunkt der Scheidungsrechtskraft zu vermeiden, ist ein gleitender Übergang bzw. eine einheitliche, durchgängige Regelung sinnvoll.

 

Rz. 270

Hierfür kommt es darauf an, ob die Ehewohnung

von einem Ehegatten allein oder
von beiden gemietet ist oder
sich im Eigentum eines oder
beider Ehegatten befindet.

Im ersten Fall sind die Besonderheiten des Mietverhältnisses zu berücksichtigen.

In allen Fällen jedoch ist zu klären, wer die Ehewohnung weiterhin soll nutzen dürfen. Hierfür kommen grundsätzlich folgende Möglichkeiten in Betracht:

Beide Ehegatten bleiben dauerhaft wohnen (hier ist darauf hinzuweisen, dass dies nach der Lebenserfahrung keine dauerhafte Lösung ist).
M zieht aus, F bleibt wohnen.
F zieht aus, M bleibt wohnen.
Beide ziehen aus (Wohnung wird bei Miete gekündigt oder wird bei Eigentum vermietet oder steht leer oder wird verkauft oder versteigert).

1. Miete

 

Rz. 271

Im Gegensatz zu Allein- oder Miteigentum besteht die Besonderheit, dass zusätzlich ein Vertragsverhältnis, nämlich zum Vermieter, besteht. Folglich sind das Außenverhältnis zum Vermieter und das zu Innenverhältnis zwischen den Ehegatten zu unterscheiden.

a) Außenverhältnis zum Vermieter

 

Rz. 272

Ein Ehevertrag zulasten des Vermieters ist grundsätzlich nicht möglich. Die Ehegatten können aber vereinbaren, dass einer von ihnen das Mietverhältnis allein fortsetzt, was mit Zugang der erforderlichen Mitteilung an den Vermieter wirksam wird (§ 1568a Abs. 2 BGB). Es ist dringend ein Zugangsnachweis zu empfehlen (notfalls Zustellung durch den Gerichtsvollzieher). Da der Vermieter nunmehr aus wichtigem, in der Person des eintretenden Ehegatten mit Monatsfrist kündigen kann (§§ 1568 Abs. 2 S. 2, 563 Abs. 4 BGB), kann es ratsam sein, vorher mit dem Vermieter über eine Vertragsänderung zu verhandeln, anstatt ihn mit der Zustellung zu "überfallen".

b) Innenverhältnis zwischen den Ehegatten

 

Rz. 273

Es ist zu empfehlen, im Ehevertrag zu vereinbaren, dass der ausgezogene oder weichende Ehegatte die Erklärungen abgibt, die zur Fortsetzung des Mietverhältnisses erforderlich sind (Verpflichtung zur Abgabe einer Willenserklärung, § 113 FamFG, 794 ZPO). Während der Trennungszeit sind solche Erklärungen nämlich nicht einklagbar, z.B. die gewünschte Zustimmung des anderen Ehegatten zur Kündigung.[169]

Zusätzlich ist eine Freistellungsvereinbarung anzuraten, welche die Miete, die Nebenkosten, die Renovierung und Schadensersatzverpflichtungen betrifft sowie eine Verpflichtung zur ggf. anteiligen Auskehrung von Nebenkosten oder Kautionsrückzahlungen. In letzterem Fall sollte geregelt werden, ob und wie diese beim Zugewinnausgleich berücksichtigt werden sollen.

Vorstehendes gilt auch dann, wenn ein Ehegatte bereits ausgezogen ist oder dies bevorsteht.

[169] AG Rastatt FamRZ 2015, 1499.

2. Eigentum

 

Rz. 274

Folgende Punkte können im Einzelfall der Regelung bedürfen:

Bei weiterer Nutzung:

Nutzungsentgelt
Schuldendienst
Nebenkosten (Wohn- bzw. Hausgeld, Grundsteuer, Gemeindeabgaben, Versicherung, Zins, Tilgung)
In Unterhaltsfällen Berücksichtigung vorgenannter Positionen oder vertraglicher Ausgleichsanspruch.
 

Rz. 275

Bei Auszug:

Verpflichtung zur Räumung

Es ist das Objekt wie bei einer Räumungsklage genau zu benennen, bei einem Haus ggf. unter Einbeziehung des gesamten Grundstücks. Aufzunehmen ist eine Verpflichtung zur Herausgabe der Schlüssel und zur Mitnahme der persönlichen Sachen, Verzicht auf Vollstreckungsschutzanträge, Berechtigung zum Austausch der Schlösser. Für den Fall des Räumungsverzugs eine Nutzungsentschädigung und/oder eine Vertragsstrafe.

 

Rz. 276

Im Übrigen können Ehegatten zwar schon während der Trennungszeit vereinbaren, dass ein Ehega...

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