Rz. 44

Die lösende Aussperrung ist heute nahezu bedeutungslos und dadurch ein überwiegend theoretisches Problem: Der Große Senat des Bundesarbeitsgerichts hat in seiner Entscheidung vom 21.4.1971[45] festgehalten, dass es den arbeitskampfberechtigten Arbeitgebern im Einzelfall offenstehen muss, Arbeitsverhältnisse arbeitskampfbedingt mit sofortiger Wirkung zu beenden (lösende Aussperrung), ohne auf das Instrument der Kündigung angewiesen zu sein. Da es sich aber um eine Arbeitskampfmaßnahme mit besonders einschneidenden Folgen handelt, darf sie allenfalls in Ausnahmefällen, bspw. rechtswidrigen Streiks mit erheblichen negativen Auswirkungen für den Arbeitgeber, ergriffen werden. Die lösende Aussperrung darf sich nicht gegen Arbeitnehmer richten, die Sonderkündigungsschutz genießen.[46] Der Betriebsrat ist nicht zu beteiligen.

 

Rz. 45

Den Arbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnis durch die lösende Aussperrung beendet wurde, steht nach der Rechtsprechung mit der Beendigung des Arbeitskampfes ein Wiedereinstellungsanspruch nach billigem Ermessen zu.[47] Sind ihre Arbeitsplätze zwischenzeitlich anderweitig besetzt worden oder nicht mehr vorhanden, muss der Arbeitgeber zwischen mehreren Arbeitnehmern, die für einen Arbeitsplatz die Wiedereinstellung verlangen können, eine Sozialauswahl (§ 1 KSchG) treffen. Gerade deshalb und wegen der fehlenden Vorteile (Sonderkündigungsschutz bleibt bestehen), werden lösende Aussperrungen heute nicht mehr durchgeführt.

[45] BAG GS v. 21.4.1971, BB 1971, 701 = NJW 1971, 1668 = AP Nr. 43 zu Art. 9 GG Arbeitskampf.
[46] BAG GS v. 21.4.1971, BB 1971, 701 = NJW 1971, 1668 = AP Nr. 43 zu Art. 9 GG Arbeitskampf.
[47] BAG GS v. 21.4.1971, BB 1971, 701 = NJW 1971, 1668 = AP Nr. 43 zu Art. 9 GG Arbeitskampf.

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