Rz. 232

Bei ordnungsgemäßen Verpflichtungsgeschäften hat die Mehrheit der Miterben bei der Abstimmung kraft Gesetzes die Vertretungsmacht, für die überstimmten oder von der Abstimmung ausgeschlossenen Miterben zu handeln.[16] Dies wird mit § 2038 Abs. 1 S. 2 Halbs. 1. BGB begründet: Es besteht die Notwendigkeit, dem Mehrheitsbeschluss gemäß zu handeln.[17] Würde also der Beschluss der Erbengemeinschaft z.B. dahin gehen, dem außenstehenden Dritten A und nicht dem außenstehenden Dritten B das Nachlassgrundstück zu verpachten, dann kann der überstimmte Miterbe nicht den Abschluss des Pachtvertrages durch die Verweigerung seiner Unterschrift (vgl. § 550 BGB) boykottieren. Es unterschreibt (wenigstens) die Mehrheit der Miterben. Auch die überstimmten Miterben sollten unterschreiben (§ 2038 Abs. 1 S. 1 und S. 2 Halbs. 1 BGB).Im Hinblick auf das Erfordernis der Schriftlichkeit des Mietvertrags und die Offenkundigkeit des Vertretungsverhältnisses (vgl. § 164 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 BGB) muss für den Geschäftsgegner erkennbar sein, welche Miterben dem Vertrag zugestimmt haben und welche Erbquoten den unterschreibenden Miterben zuzuordnen sind, wenn nicht alle Miterben unterschreiben. Daraus kann der Vertragsgegner dann ermitteln, ob die unterschreibenden Miterben die Mehrheit in der Erbengemeinschaft bilden und welche Miterben mit welchen Quoten überstimmt sind. Als Beleg wird man eine Kopie des Erbscheins beifügen. Die Miterben, die auf der Mehrheitsseite stehen, müssen also nicht gegen die Minderheit der Miterben auf Abgabe von dahingehenden Willenserklärungen klagen (wie man früher annahm).

[16] Staudinger/Löhnig, BGB, 2016, § 2038 Rn 27.
[17] BGHZ 56, 47; eingehend Waldherr, Der Begriff der "ordnungsmäßigen Verwaltung" im BGB, 1998, S. 80/81; a.A. Jülicher, AcP 175, 143, 145.

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