Rz. 69

In Rangklasse 2 (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG, Vollstreckung in ein Wohnungseigentum) fallen die "fälligen Ansprüche auf Zahlung der Beiträge zu den Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums oder des Sondereigentums, die nach § 16 Abs. 2, § 28 Absatz 1 und 2 des Wohnungseigentumsgesetzes geschuldet werden, einschließlich der Vorschüsse und Rückstellungen sowie der Rückgriffsansprüche einzelner Wohnungseigentümer". Die zuletzt genannte Alternative betrifft (oder besser betraf) Zweier-Gemeinschaften. Sie wird hier nicht weiter erörtert; derartige Rückgriffansprüche einzelner Wohnungseigentümer gibt es nämlich nicht mehr, weil nach der zwischenzeitlich etablierten BGH-Rspr. Zweier-Gemeinschaften keine Sonderbehandlung mehr erfahren. Bevorrechtigt sind also:

 

Rz. 70

Vorschüsse gemäß Wirtschaftsplan und Nachschüsse aus Jahresabrechnungen, ferner die darauf entfallenden Verzugszinsen (ob tituliert oder nicht).
Titelbeschaffungskosten (weil zur dinglichen Vollstreckung der persönliche Zahlungstitel genügt).[72]
Die Kosten der "dinglichen Rechtsverfolgung" (also die Kosten und Gebühren der Titulierung, auch die Kosten für Grundbuchauszüge), nicht hingegen die Kosten (anderer) bisheriger Vollstreckungsmaßnahmen.
 

Rz. 71

Das Vorrecht (also die Berücksichtigung in Rangklasse 2) erfasst "die laufenden und die rückständigen Beträge aus dem Jahr der Beschlagnahme und den letzten zwei Jahren", begrenzt auf 5 % des Verkehrswerts der Wohnung (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG). Diese Voraussetzungen müssen dem Rechtspfleger glaubhaft gemacht werden (→ § 9 Rdn 62). Im Einzelnen:

 

Rz. 72

Bei der 5 %-Verkehrswert-Grenze gilt der Grundsatz der Einmaligkeit. Wenn also ein nachrangiger Gläubiger die privilegierte Hausgeldforderung der WEG ablöst (→ § 9 Rdn 60), kann die WEG jedenfalls im laufenden Versteigerungsverfahren das Vorrecht wegen zwischenzeitlich aufgelaufener weiterer Hausgeldrückstände nicht erneut beanspruchen.[73] Wenn hingegen der Schuldner selbst Zahlungen auf die privilegierten Forderungen leistet, kann die Gemeinschaft trotzdem und weiterhin (noch bestehende) Hausgeldforderungen bis zu 5 % des Verkehrswertes in Rangklasse 2 geltend machen; denn die 5-%-Grenze soll die nachrangigen Gläubiger, nicht den Schuldner schützen.[74]

 

Rz. 73

Der Bezugszeitraum der "letzten 2 Jahre" erfasst die beiden letzten Kalenderjahre vor dem Jahr der Beschlagnahme (§ 13 ZVG). Die Beschlagnahme erfolgt entweder dadurch, dass der Anordnungsbeschluss beim Grundbuchamt eingeht (sofern die Eintragung demnächst erfolgt), oder dadurch, dass er dem Schuldner zugestellt wird (§ 22 Abs. 1 ZVG); entscheidend ist der frühere der beiden Zeitpunkte.[75] Ob die Rückstände sich wirtschaftlich auf den Bezugszeitraum beziehen oder ob sie "nur" im Bezugszeitraum fällig geworden sein müssen, ist eine offene Frage, die sich insbesondere bei Nachschüssen gemäß Jahresabrechnung stellt: Denn ein Nachschuss (Abrechnungsspitze) wird mit der Beschlussfassung fällig, bezieht sich aber auf das vorhergehende Kalenderjahr. Die Antwort ist umstritten;[76] und eine gut vertretene Gemeinschaft wird es nicht darauf ankommen lassen, sondern rechtzeitig zur Titulierung schreiten.

[73] BGH v. 4.2.2010 – V ZB 129/09, ZMR 2010, 383. Offen blieb die Frage, was gilt, wenn nach der Beendigung des Verfahrens ein neues Zwangsversteigerungsverfahren anhängig wird.
[76] Ausführlich BGH v. 21.7.2011 – IX ZR 120/10, ZMR 2012, 788 (Rn 32 ff.) m.w.N., dort als nicht entscheidungserheblich offen gelassen. M.E. kommt es auf den Bezugszeitraum an.

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