Rz. 563

Seit dem 1.7.2001 ist das 9. Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB IX) "Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen" in Kraft getreten, durch das sowohl die medizinische wie auch die berufliche Rehabilitation behinderter Menschen gefördert und die Zusammenarbeit der einzelnen Rehabilitationsträger (§ 6 SGB IX) gefördert und koordiniert wird. So ist in § 8 Abs. 2 SGB IX erneut der Grundsatz niedergelegt, dass Rehabilitation den Vorrang vor Rentenleistungen hat.

 

Rz. 564

§ 26 SGB IX fasst die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, § 33 SGB IX die Leistungen zur beruflichen Rehabilitation (Teilhabe am Arbeitsleben) zusammen. Die Vorschriften der §§ 1012 SGB IX sehen die Koordinierung der Leistungen und die Zusammenarbeit der Rehabilitationsträger vor.

 

Rz. 565

Wichtig erscheint auch die Vorschrift des § 15 SGB IX, wonach der Leistungsberechtigte unter Beachtung der in § 15 SGB IX vorgesehenen Fristen berechtigt ist, sich die erforderlichen Leistungen selbst zu beschaffen und hierfür Kostenerstattung von den Rehabilitationsträgern zu erhalten.

 

Rz. 566

Ungeachtet dessen ist dem Verkehrsrechtsanwalt bei Schwer- und Schwerstverletzten dringend zur Mitwirkung beim Personenschadens-Management der Haftpflichtversicherer zu raten, zumal die Erfahrungen der Vergangenheit gezeigt haben, dass die medizinische und ggf. auch berufliche Rehabilitation des Geschädigten unter Einschaltung der Sozialleistungs- und Rehabilitationsträger bis zu eineinhalb/zwei Jahren in Anspruch nehmen kann. Bis dahin aber ist es gerade bei Schwer- und Schwerstverletzten oft schon zu spät.

 

Rz. 567

Der Anwalt als Vertreter des Geschädigten erkennt häufig als erster, dass zur Vermeidung einer für den Geschädigten verhängnisvollen Entwicklung medizinisches und/oder berufliches Rehabilitationsmanagement erforderlich ist.

 

Rz. 568

Eine enge Einbindung des Rechtsanwalts des Geschädigten in das Reha-Management erscheint in zweierlei Hinsicht als sinnvoll: Zum einen, um dem besonderen Beratungsbedürfnis des Geschädigten in den verschiedenen Phasen der Rehabilitation gerecht werden zu können (Fleischmann, MittBl. der Arge VerkR 2001, 61,63; Steffen, VersR 2000, 793, 796), welches sich auf spezifisch dort auftretende Fragen und zu treffende Entscheidungen bezieht, so z.B. die Abwägung der Vor- und Nachteile der Zustimmung zu einer konkret vorgeschlagenen Reha-Maßnahme. Zum anderen übt der Rechtsanwalt im Interesse des Geschädigten wichtige Kontrollfunktionen hinsichtlich der an ein Reha-Management zu stellenden Anforderungen an Leistung, Objektivität und Unabhängigkeit aus. Dementsprechend kommen auf den im Rahmen eines Reha-Managements tätigen Rechtsanwalt gegenüber der herkömmlichen Schadenregulierung ganz neue Aufgaben zu (Schneider, zfs 2008, 303, 308).

 

Rz. 569

Mit der Einbindung des Rechtsanwalts in sämtliche Informations- und Entscheidungsprozesse stellt sich fast zwangsläufig die (selbstkritische) Frage nach den vom Rechtsanwalt selbst zu erfüllenden Anforderungen hinsichtlich Qualifikation und Engagement (Schneider, zfs 2008, 303, 308). Für den Rechtsanwalt bedeutet allerdings die Tätigkeit in den Fällen, in denen ein Reha-Management durchgeführt wird, einen erheblichen Mehraufwand gegenüber der sonstigen Regulierungspraxis, weil er seinem Mandanten neben der spezifischen Beratung in sämtlichen Phasen des Reha-Managements oft über Jahre insbesondere mit folgenden Aufgaben zur Seite stehen muss:

1. Abschluss und Überwachung der Einhaltung der Rehabilitationsvereinbarung,
2. Prüfung des Erfolgs der Reha-Maßnahmen sowie dessen Nachhaltigkeit anhand der Berichte des Reha-Dienstes,
3. Berechnung verbleibender Verdienstausfallschäden oder verletzungsbedingten Mehrbedarfs unter Anpassung an die jeweiligen Erfolge der Reha-Maßnahmen,
4. Überwachung und Verhinderung des Eintritts der Verjährung hinsichtlich der Ersatzansprüche des Geschädigten.
 

Rz. 570

Darüber hinaus erscheint durchaus auch eine möglichst enge Einbindung des Anwalts in den tatsächlichen Ablauf des Reha-Managements als im Interesse des Geschädigten liegend. Zu denken ist hierbei z.B. an die Teilnahme des Anwalts am ersten Gesprächstermin zwischen Reha-Dienst und Geschädigtem. Dadurch kann erreicht werden, dass kein Informationsdefizit zwischen dem Geschädigten und dessen Anwalt entsteht.

 

Rz. 571

Diese umfassende Mitwirkung des Rechtsanwalts beim Personenschadensmanagement fordert diesen sachlich und zeitlich erheblich und ist mit einer hohen Verantwortung verbunden (Schneider, zfs 2008, 303, 308). Dementsprechend ist auch von einem erhöhten Haftungsrisiko auszugehen.

 

Rz. 572

Das Personenschadensmanagement wurde erstmals durch die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht anlässlich der Homburger Tage 1997 den Verkehrsrechtsanwälten vorgestellt und empfohlen. Inzwischen hat sich auch der Arbeitskreis II des 38. Deutschen Verkehrsgerichtstags 2000 – Schadensmanagement beim Personenschaden – mit diesem Thema befasst und dazu folgende Empfehlung ausgesprochen:

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In vielen Fällen reichen die Instrum...

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