Rz. 68

Gemäß § 12 Abs. 2 GBO kann die Erteilung einer Grundbuchabschrift verlangen, wem die Einsicht des Grundbuchs gestattet ist. Die Einsicht des Grundbuchs ist nach § 12 Abs. 1 GBO jedem gestattet, der ein berechtigtes Interesse darlegt. Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung setzt dies nicht voraus, dass schon ein konkretes Rechtsverhältnis zwischen dem im Grundbuch eingetragenen Eigentümer und dem um Grundbucheinsicht Ersuchenden besteht. Das Einsichtsrecht kann jedoch nicht unbeschränkt sein. Die berechtigten Belange des Antragstellers sind vielmehr gegen das Interesse des Eigentümers abzuwägen, eine Einsicht in das Grundbuch und ggf. in die Grundakten zu verhindern, weshalb die gegenläufigen Interessen des Antragstellers und des Eigentümers gegeneinander abgewogen werden müssen.[71] Das Grundbuch ist also nicht ein öffentliches Register, welches – wie etwa das Handelsregister – jedermann unbeschränkt zur Einsicht offensteht.

 

Rz. 69

Die Verwandtschaft mit der Grundstückseigentümerin als solche rechtfertigt ein Begehren auf Grundbucheinsicht nicht.[72] Das Interesse, "dass das vorhandene Vermögen" der Mutter "dem familiären Sozialverband erhalten bleibt", ist rechtlich nicht geschützt. Das Einsichtsrecht des § 12 Abs. 1 GBO soll Kindern oder sonstigen Verwandten von Grundstückseigentümern nicht das Recht geben, gegen deren Willen zu erfahren, ob und ggf. zu welchen Bedingungen diese ihr Grundeigentum veräußert haben.

 

Rz. 70

Die gebotene Abwägung zwischen den Interessen des um Grundbucheinsicht Ersuchenden und den schützenswerten Belangen des Grundstückseigentümers hat zur Folge, dass zukünftige Ansprüche, Sicherungsbedürfnisse, Erwartungen und Entwicklungen grundsätzlich kein Einsichtsrecht begründen.[73] Deshalb lässt sich auf eine Pflicht zur Leistung von Unterhalt, deren Entstehung in der Zukunft liegt und noch ungewiss ist, ein berechtigtes Interesse auf Grundbucheinsicht nicht stützen.[74]

In einem etwas anders gelagerten Fall hat das LG Stuttgart jedoch entschieden:[75]

Zitat

"Die einzige Tochter einer über 90-jährigen im Pflegeheim lebenden Mutter hat im Hinblick auf deren nahe liegenden Unterhaltsansprüche ein berechtigtes Interesse an der Einsicht in das Grundbuch der Mutter (GBO §§ 12, BGB 1601 ff., BSHG 91)."

Etwaige künftige erb- und pflichtteilsrechtliche Ansprüche gewähren für sich allein noch kein Grundbucheinsichtsrecht.[76]

[72] BayObLG FGPrax 1998, 90; Meikel/Böttcher, GBO, § 12 Rn 55; Böhringer, Rpfleger 1987, 181, 190.
[73] OLG Düsseldorf NJW-RR 1997, 720; Meikel/Böttcher, GBO, § 12 Rn 36; Böhringer, Rpfleger 1987, 181, 190.
[74] BayObLG MDR 1991, 1172.
[75] LG Stuttgart NJW-RR 1998, 736 = Rpfleger 1998, 339 = BWNotZ 1998, 147.
[76] LG Ellwangen Rpfleger 1984, 181 = BWNotZ 1984, 124.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge