Rz. 174

Nach § 2259 BGB ist jeder, der ein Testament in Besitz hat, verpflichtet, dieses unverzüglich, nachdem er von dem Tod des Erblassers Kenntnis erlangt hat, an das Nachlassgericht abzuliefern. Abzuliefern sind alle nicht in Verwahrung des Nachlassgerichts befindlichen Schriftstücke in Urschrift, die sich äußerlich oder inhaltlich als letztwillige Verfügung des betreffenden Erblassers darstellen, gleichgültig, ob sie als wirksam angesehen werden können oder nicht und gleichgültig, ob sie offen oder verschlossen sind[193]  – also auch Schriftstücke, deren Inhalt zweifelhaft ist.

 

Rz. 175

Erlangt das Nachlassgericht Kenntnis davon, dass jemand im Besitz einer Testamentsurkunde ist, so hat es diesen aufzufordern, das Testament abzuliefern. Im Weigerungsfalle kann die Ablieferung nach § 35 FamFG durch Festsetzung von Zwangsgeld oder Anordnung von Zwangshaft erzwungen werden.

 

Rz. 176

Die Ablieferungspflicht für Testamente gem. § 2259 BGB ist ein Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB zugunsten der Nachlassbeteiligten. Abzuliefern sind ältere Testamente auch dann, wenn die in ihnen festgelegte Erbfolge von derjenigen in dem zeitlich jüngsten Testament nicht abweicht. Allerdings kann es in solchen Fällen u.U. an einem Verschulden der ablieferungspflichtigen Person fehlen.[194]

[193] BayObLG FamRZ 1988, 658.

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