Rz. 417

Die Beschwerdefrist beträgt zwei Wochen, § 63 Abs. 2 Nr. 2 FamFG. Die Frist beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses, § 63 Abs. 3 FamFG.

Allerdings hindert die Versäumung der ordnungsgemäßen Beteiligung der unbekannten Erben durch Bestellung eines Verfahrenspflegers den Eintritt der formellen Rechtskraft der erteilten Genehmigung im Anschluss an deren Zustellung an den Nachlasspfleger nicht.[382]

Streitig ist, ob die Beschwerdefrist unabhängig davon läuft, ob erstinstanzlich alle materiell Betroffenen als Beteiligte gem. § 7 FamFG hinzugezogen worden sind. Nach sehr verbreiteter Ansicht kann ein in erster Instanz übergangener Beteiligter aus Gründen der Rechtssicherheit nur so lange Beschwerde einlegen, bis die Beschwerdefrist für den letzten tatsächlich Beteiligten abgelaufen ist.[383] Der formell nicht Beteiligte ist dann darauf angewiesen, ggf. eine Wiederaufnahme des Verfahrens (§ 48 Abs. 2 FamFG) zu betreiben. Diese Auffassung verletzt den übergangenen Beteiligten nach zutreffender Ansicht aber in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG), ein faires Verfahren (Art. 20 Abs. 3 GG) und die Gewährleistung von Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) und ist daher in dieser Absolutheit abzulehnen. Zumindest dann, wenn ein Beteiligter keine Möglichkeit hatte, von der Entscheidung Kenntnis zu nehmen und auch nicht mit dem Erlass rechnen musste, beginnt die Frist nicht zu laufen.[384]

Entsprechend dem Beschluss des BVerfG vom 6.11.2008[385] ist den "materiell Beteiligten" zwingend rechtliches Gehör zu gewähren.

BVerfG a.a.O.:

Zitat

"Art. 103 Abs. 1 GG ist auch im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu beachten.[386] Das gilt – unabhängig davon, ob die Anhörung im Gesetz vorgesehen ist – auch für Verfahren, die vom Untersuchungsgrundsatz (§ 12 FGG) [jetzt § 26 FamFG][387] beherrscht werden.[388] Auf eine förmliche Beteiligtenstellung kommt es nicht an. Der Anspruch auf rechtliches Gehör steht vielmehr jedem zu, demgegenüber die gerichtliche Entscheidung materiellrechtlich wirkt und der deshalb von dem Verfahren rechtlich unmittelbar betroffen wird."[389]

 

Rz. 418

Die Beteiligten des FG-Verfahrens nennt das FamFG und unterscheidet zwischen "Muss-Beteiligten" und "Kann-Beteiligten", ohne die bisherigen Begriffe des "formell Beteiligten" und des "materiell Beteiligten" ausdrücklich zu nennen.

Die Regelung in § 7 Abs. 6 FamFG greift m.E. vor dem zwingenden Erfordernis der Gewährung rechtlichen Gehörs gem. § 103 Abs. 1 GG zu kurz. Entsprechend dem Beschluss des BVerfG vom 6.11.2008[390] ist den "materiell Beteiligten" zwingend rechtliches Gehör zu gewähren und § 7 Abs. 6 FamFG, der in dieser Beziehung zu kurz greift, verfassungskonform auszulegen. Denn wenn ihnen rechtliches Gehör zu gewähren ist, dann sind sie auch Beteiligte – eben materiell Beteiligte.

[382] OLG Hamm FamRZ 2011, 396 = ZEV 2011, 191.
[383] OLG Hamm FamRZ 2011, 396; OLG Celle FamRZ 2012, 321; OLG Köln BeckRS 2011, 16410; Büte, FuR 2011, 361; Zöller/Feskorn, § 63 Rn 6 m.w.N.
[384] OLG München GRUR-RR 2012, 68; Bork/Jakoby/Schwab/Müther, § 63 Rn 10.2; BGH NJW-RR 2013, 751; OLG Düsseldorf FamRZ 2015, 521; OLG Dresden FamRZ 2014, 681; OLG Köln FamRZ 2013, 1913; Litzenburger, RNotZ 2010, 32, 37.
[385] FamRZ 2009, 106 = NJW 2009, 138 = ZEV 2009, 44.
[386] Vgl. BVerfGE 19, 49, 51.
[387] Text in eckigen Klammern vom Verfasser eingefügt.
[388] Vgl. BVerfGE 75, 201, 215.
[389] Vgl. BVerfGE 60, 7, 13; 75, 201, 215.
[390] FamRZ 2009, 106 = NJW 2009, 138 = ZEV 2009, 44.

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