Rz. 33

Die Teilnahme am Straßenverkehr unter Einfluss von Alkohol wird vom Gesetz als Straftatbestand oder Ordnungswidrigkeit sanktioniert.

 

Rz. 34

Zunächst ist die Beurteilung der Alkoholproblematik im Hinblick auf die "Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen" nicht nur zu sehen unter dem Aspekt der absoluten oder relativen Fahruntüchtigkeit,[31] sondern insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Gefährlichkeit, die von der Teilnahme am Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss ausgehen kann. Also ist entscheidend die Frage, ob bei dem Fahrerlaubnisinhaber oder -bewerber eine Alkoholproblematik festzustellen ist, die die Annahme rechtfertigt, dass es unter dem Einfluss von Alkohol zu Gesetzesverstößen im Straßenverkehr kommen wird.

 

Rz. 35

Die Alkoholproblematik verdeutlicht sich an verschiedenen Merkmalen, nämlich

der Höhe der Blutalkoholkonzentration,
der Art des Verkehrsverstoßes,
der Tageszeit der festgestellten Alkoholkonzentration und schließlich
am Verhalten im Zusammenhang mit den Feststellungen bei der Blutentnahme.[32]
 

Rz. 36

Ein Führen eines Fahrzeuges ohne Verursachung eines Unfalls bei einer Alkoholkonzentration von 2,0 ‰ oder mehr, etwa zu dichter Verkehrszeit am Vormittag, und ein verhältnismäßig sicheres Auftreten und Verhalten bei der Blutentnahme und den hiermit verbundenen Tests offenbart eine unübersehbare Alkoholproblematik.

 

Rz. 37

Für die Beurteilung der Alkoholproblematik sind auch objektive Tätermerkmale von Bedeutung, nämlich das Lebensalter, die Dauer des Fahrerlaubnisbesitzes, die bisherige Verkehrsbewährung sowie etwaige Straftaten unter Alkoholeinfluss außerhalb des Straßenverkehrsrechtes.

 

Rz. 38

Hinzu kommt auch bestimmtes, aus der Lebenssituation oder aus persönlichkeitsimmanenten Umständen und Ursachen ersichtliches Fehlverhalten, speziell bei Teilnahme am Straßenverkehr unter Einfluss von Alkohol.

 

Rz. 39

Bode/Winkler führen hierzu an: "jugendtümliche Fehlanpassung", unzureichende Entwicklung und Kontrolle von Trink- und Trinkfahrmustern, anpassungserschwerende Fehleinstellungen und Haltungen, lebensgeschichtlich bedingte Persönlichkeitslabilisierungen, chronifizierter Alkoholmissbrauch, riskante Vermeidungstechnik im Trinkfahrkonflikt und schließlich eine Alkoholkrankheit.[33]

 

Rz. 40

Ob geänderte Lebensumstände die Annahme rechtfertigen, dass die Umstände, die die Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen aufgrund gegebener Alkoholproblematik bedingen, ausgeräumt sind, hängt davon ab, ob die geänderten Umstände eine positive Prognose für künftiges Verhalten rechtfertigen. Hierbei müssen die verschiedenen angeführten, unterschiedlichen Umstände differenziert gesehen werden.

 

Rz. 41

Ob die Alkoholproblematik ausgeräumt ist, hängt ausschließlich von der Frage ab, ob die Umstände, die die Alkoholproblematik bedingen, beseitigt worden sind. Dies hängt wiederum davon ab, ob die Neigung zum Alkohol korrigiert worden ist, etwa durch die Teilnahme an einer Entziehungskur, oder ob der Betroffene, bei dem eine Alkoholproblematik gegeben war, durch Teilnahme an entsprechenden Kursen gelernt hat, abstinent zu sein oder kontrolliert zu trinken.

 

Rz. 42

Es sind nach Erfahrungswerten zur Rückfallwahrscheinlichkeit verschiedene Gruppen von alkoholauffällig gewordenen Kraftfahrern zu unterscheiden.

Es handelt sich hierbei um

alkoholgeschädigte oder alkoholkranke Personen, bei denen die pathologischen Leberwerte den Alkoholmissbrauch offenbaren,
Personen unter 20 Jahren, die aufgrund ihrer bisherigen Lebenserfahrung dazu neigen, Konflikte durch Trinken zu lösen,
Personen mit Störungen im Persönlichkeitsbereich, bei denen z.B. die Neigung zu Gesetzesverletzungen auch außerhalb des Straßenverkehrs, z.B. bei Kriminalstraftaten, oder auch im Bereich des Straßenverkehrsrechtes, etwa durch Fahren ohne Fahrerlaubnis, offenbar wird, und schließlich
Personen mit auffälligen Persönlichkeitseigenarten, die z.B. durch Neigung zur Aggression gekennzeichnet sind.
 

Rz. 43

Die vorstehend aufgeführten Problemgruppen zeigen, wie differenziert die Möglichkeit gesehen werden muss, ob bei Personen, bei denen Ungeeignetheit offenbar wurde oder festgestellt worden ist, eine Veränderung gegeben ist, die die Annahme der Ungeeignetheit ausschließt, und nunmehr geänderte Umstände für eine Geeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen sprechen.[34]

[31] Dazu z.B. NK-GVR/Quarch, § 316 StGB Rn 4 ff.
[32] Bode/Winkler, § 3 Rn 132.
[33] Bode/Winkler, § 3 Rn 139.
[34] Vgl. im Einzelnen Bode/Winkler, § 3 Rn 146 ff.

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