Rz. 6

§ 321a ZPO soll den Gerichten die Möglichkeit zu einer Selbstkorrektur getroffener Entscheidungen geben, welche unter Verletzung des rechtlichen Gehörs einer Partei gefällt worden sind, und dadurch das BVerfG von Verfassungsbeschwerden entlasten, die auf Verletzungen des Art. 103 Abs. 1 GG beruhen.[2] Ohne diesen Rechtsbehelf könnte das Bundesverfassungsgericht mittels einer Verfassungsbeschwerde angerufen werden, wenngleich keine grundlegenden verfassungsrechtlichen Fragen zu klären sind.

 

Rz. 7

Die Praxiserfahrung zeigt freilich, dass erfolgreiche Gehörsrügen nach § 321a ZPO außerordentlich selten sind. Das mag durchaus daran liegen, dass die Entscheidungszuständigkeit des iudex a quo – was bereits Anlass für rechtspolitische Kritik war – zumindest als "unglücklich" zu bezeichnen ist, denn vom entscheidenden Richter wird die Einsicht verlangt, fehlerhaft gehandelt zu haben. Restriktive anwaltliche Erfolgshoffnungen, dass ein Richter seine eben erst getroffene Entscheidung wieder verwirft, sind daher absolut nachvollziehbar.

 

Rz. 8

Die Gehörsrüge ist ein außerordentlicher Rechtsbehelf. Er hemmt die Rechtskraft nicht und ist gegenüber anderen Rechtsmitteln/-behelfen subsidiär. Er ergänzt § 156 ZPO, der eine Wiedereröffnung der Verhandlung vor der Verkündung der Entscheidung ermöglicht.

 

Rz. 9

Die Gehörsrüge ist binnen einer Notfrist von zwei Wochen (§ 321a Abs. 2 ZPO) einzulegen, wenn das rechtliche Gehör entscheidungserheblich verletzt wurde, z.B. bestimmte Behauptungen des Mandanten übergangen worden sind, und ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist (wenn der Gegenstandswert in der ersten Instanz nicht über 600,00 EUR liegt). Dabei sollte indes bedacht werden, dass in einem Urteil nur der wesentliche und damit nicht sämtlicher Vortrag aufgenommen werden muss und zwar:

im Tatbestand nur eine knappe Darstellung des wesentlichen Inhalts (§ 313 Abs. 2 S. 1 ZPO) und
in den Entscheidungsgründen nur eine kurze Zusammenfassung der Erwägungen, auf denen die Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruht (§ 313 Abs. 3 ZPO).
 

Rz. 10

Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss, § 321a Abs. 4 ZPO. Gerichtskosten in Höhe einer Festgebühr von 60,00 EUR fallen pauschal nach KV 1700 an, wenn die Rüge verworfen oder zurückgewiesen wird.

 

Rz. 11

Ist die Gehörsrüge begründet, hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, § 321a Abs. 5 ZPO. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand.

[2] BGH, Urt. v. 13.12.2007 – I ZR 47/06, juris Rn 5 = NJW 2008, 2126–2127.

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