Rz. 60

Folge der Dürftigkeitseinrede ist nach der gesetzlichen Regelung in § 1990 Abs. 1 S. 1 BGB, dass der Erbe und damit auch der Nachlasspfleger als sein gesetzlicher Vertreter die "Befriedigung eines Nachlassgläubigers insoweit verweigern kann, als der Nachlass nicht ausreicht". Es besteht die Verpflichtung, den Nachlass zum Zwecke der Befriedigung des Gläubigers im Wege der Zwangsvollstreckung herauszugeben.

 

Rz. 61

Die Formulierung bereitet Verständnisschwierigkeiten. Denn weder eine Herausgabe zum Zwecke der Besitzeinräumung noch eine Eigentumsübertragung ist damit gemeint.[66] Gemeint ist vielmehr, dass der Erbe/Nachlasspfleger verpflichtet ist, die Zwangsvollstreckung in den Nachlass zu dulden und zu ermöglichen.[67] Es gilt damit wieder das vollstreckungsrechtliche Prioritätsprinzip.[68]

 

Rz. 62

Zur Meidung des Vollstreckungsansturms zahlreicher Gläubiger wird der Erbe/Nachlasspfleger aber als berechtigt angesehen, den Nachlass freiwillig an die Gläubiger zu überlassen.[69] Dies gilt insbesondere, wenn der Nachlass nur aus Geld besteht.[70]

Besteht der Nachlass noch aus anderen Gegenständen als Geld, ist zwar auch eine freiwillige Überlassung an die Gläubiger zulässig. Hier läuft der Nachlasspfleger aufgrund seiner Verwalterhaftung (§§ 1991 Abs. 1, 1978 BGB) allerdings Gefahr, dass ihm von anderen Gläubigern später entgegengehalten wird, er habe diese Gegenstände unter Wert weggegeben. Um diesem Vorwurf zu entgehen, sollte der Nachlasspfleger versuchen, mit dem Gläubiger, an den er den Nachlass freiwillig herausgeben möchte, eine Vereinbarung des Inhalts zu treffen, dass dieser den Nachlass im Wege der öffentlichen Versteigerung verwerten und einen etwaigen Übererlös zurückgewähren muss.[71]

[66] NK-BGB/Krug, § 1990 Rn 31.
[67] MüKo-BGB/Küpper, § 1990 Rn 13; Staudinger/Marotzke, § 1990 Rn 29.
[68] Zimmermann, Nachlasspflegschaft, Rn 590.
[69] Palandt/Weidlich, § 1990 Rn 7.
[70] Staudinger/Marotzke, § 1990 Rn 30.
[71] Vgl. Staudinger/Marotzke, § 1990 Rn 30.

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