Rz. 104

Kollektivrechtlich kann im Wesentlichen auf die Ausführungen zu den Aufgaben, Rechten und Pflichten des Betriebsrats zum Arbeitsschutzgesetz zurückgegriffen werden. Bei der Einrichtung und Gestaltung von Bildschirmarbeitsplätzen bestehen folgende Besonderheiten:

Bevor ein Bildschirmarbeitsplatz eingerichtet wird, muss der Betriebsrat über die Planung des neuen Arbeitsplatzes unterrichtet werden; zusätzlich muss der Arbeitgeber mit ihm über die Maßnahme beraten, § 90 BetrVG. Maßgeblich ist hier, dass die Unterrichtung und Beratung so rechtzeitig erfolgt, dass der Betriebsrat noch Einfluss auf die Entscheidung ausüben kann.
Soweit die Einrichtung des Bildschirmarbeitsplatzes offensichtlich gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit widerspricht und der Arbeitnehmer hierdurch eine erhebliche Belastung erfährt, besteht ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht des Betriebsrat gemäß § 91 BetrVG.[167] Mit dem Anhang Nr. 6 zur ArbStättV, welcher die auf Sicherheit und Gesundheitsschutz bezogenen Anforderungen an Bildscharmarbeitsplätze inhaltsgleich aus der bisherigen Bildschirmarbeitsverordnung übernimmt,[168] liegen gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse für die ergonomischen Anforderungen an den Arbeitsplatz vor. Weiterhin können zur Auslegung und Konkretisierung die Sicherheitsregelungen der Verwaltungsberufsgenossenschaft (ZH 1/618)[169] oder andere Normen, z.B. ISO-Norm 9241, herangezogen werden.
Da Bildschirmgeräte als technische Hilfsmittel unter den Betriebsanlagenbegriff des § 111 S. 3 Nr. 4 BetrVG subsumiert werden können,[170] kommt es für die Annahme einer Betriebsänderung mit den weit reichenden Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats auf die Anzahl der betroffenen Arbeitnehmer an. Der zusätzlich geforderte wesentliche Nachteil für die Belegschaft oder einen Teil der Belegschaft wird durch die Annahme eines der Regelbeispiele in § 111 BetrVG fingiert.[171]
Soweit Pausenregelungen oder die Unterbrechung der Arbeitszeit aus gesundheitsbedingten Gründen, z.B. wegen der Einführung von Mischarbeit, erfolgen müssen, sind Mitbestimmungsrechte nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 7 BetrVG einschlägig.[172] Soweit der Umfang der Augenuntersuchung, die Qualifikation der untersuchenden Person, der Ort der Untersuchung bzw. der regelmäßige Zeitpunkt der Untersuchung Gegenstand ist, kann der Betriebsrat mit dem Arbeitgeber eine Betriebsvereinbarung nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG vereinbaren.
Die Einführung von Bildschirmarbeitsplätzen kann unter dem Gesichtspunkt der Leistungskontrolle nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG mitbestimmungspflichtig sein.[173]
[167] DKKW/Klebe/Wankel, BetrVG, § 91 Rn 14.
[168] Pieper, Anhang zu §§ 18, 19 Arbeitsschutzverordnung, Rn 6.
[169] Vgl. BAG 6.12.1983 – 1 ABR 43/81, AP Nr. 7 zu § 87 BetrVG 1972 Überwachung.
[173] Gaul, Anm. zu EzA § 87 BetrVG 1972 Bildschirmarbeit Nr. 1.

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