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Neben der Hinterfragung bisheriger Grundbegriffe des Arbeitsrechts (Arbeitnehmerbegriff, Betriebsbegriff), der Flexibilisierung der Arbeitsbedingungen und dem Beschäftigtendatenschutz wirkt der digitale Wandel sich auch massiv auf die betriebliche Zusammenarbeit und die Notwendigkeit des lebenslangen Lernens aus. Anpassungen im Bereich der betrieblichen Mitbestimmung, insbesondere hinsichtlich einer Modernisierung der Betriebsratsarbeit und des Betriebsratswahlverfahrens, aber auch eine Ausweitung der Mitbestimmungsrechte werden nicht erst seit der COVID-19-Pandemie gefordert (s. Fünding/Sorber, NZA 2017, 552; Klebe, NZA-Beilage 2017, 77). Mit dem Gesetz zur Förderung der Betriebsratswahlen und der Betriebsratsarbeit in einer digitalen Arbeitswelt (Betriebsrätemodernisierungsgesetz) ist der Gesetzgeber kürzlich entsprechenden Forderungen nachgekommen. Das am 18.6.2021 in Kraft getretene Gesetz erleichtert die Gründung von Betriebsräten und ermöglicht, wie schon zeitweise zu Beginn der Pandemie, digitale Betriebsratssitzungen. Betriebsvereinbarungen können nunmehr unter Nutzung einer qualifizierten elektronischen Signatur abgeschlossen werden.

Die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats in sozialen Angelegenheiten werden durch den neuen § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG um ein Mitbestimmungsrecht bei der Ausgestaltung der mobilen Arbeit erweitert. Zudem wurde das allgemeine Initiativrecht der Betriebsräte bei der Berufsbildung durch die Möglichkeit der Einschaltung der Einigungsstelle zur Vermittlung gestärkt. Letztlich wurde klargestellt, dass die Rechte des Betriebsrats bei der Planung von Arbeitsverfahren und -abläufen auch dann gelten, wenn diese Richtlinien ausschließlich oder mit Unterstützung von Künstlicher Intelligenz erstellt werden. Gleiches gilt für Richtlinien für die personelle Auswahl. Schließlich hat der Betriebsrat künftig das Recht zur Bewertung von Künstlicher Intelligenz einen Sachverständigen hinzuzuziehen (§ 80 Abs. 3 S: 2 BetrVG). Das Gesetz wird als Mogelpackung kritisiert. So fehle es an einer Neuaufstellung des Betriebsverfassungsrechts und damit einer echten Anpassung an die Anforderungen der digitalen Arbeitswelt (Schiefer/Worzalla, NZA 2021, 817).

Der Einzug immer neuer digitaler Technologien und die damit verbundenen sich wandelnden Anforderungen an die Tätigkeit der Beschäftigten lässt sich sachgerecht nur bewältigen, wenn auch die Mitarbeiter sich laufend fort- und weiterbilden. Berufliche Weiterbildung und lebensbegleitendes Lernen gehörten deswegen in den letzten Jahren zu den Kernthemen der von der Bundesregierung initiierten Gesetzesvorhaben. Mit der nationalen Weiterbildungsstrategie wird auf Bundesebene das Ziel verfolgt, Weiterbildung zu einem selbstverständlichen Teil der Erwerbsbiografie zu machen. In den letzten Jahren wurden dementsprechend die Fördermöglichkeiten für die betriebliche Weiterbildung massiv ausgebaut.

Ende 2018 wurde mit dem Qualifizierungschancengesetz der Zugang zur Weiterbildungsförderung in der Arbeitslosenversicherung erleichtert. Beschäftigte können nun auch unabhängig von Qualifikation, Lebensalter und Betriebsgröße eine Weiterbildungsförderung erhalten (§ 82 SGB III), wenn sie als Folge des digitalen Strukturwandels Weiterbildungsbedarf haben oder in sonstiger Weise vom Strukturwandel betroffen sind.

Neben der Zahlung von Weiterbildungskosten wurden die Möglichkeiten für Zuschüsse zum Arbeitsentgelt bei Weiterbildung erweitert. Beides ist grundsätzlich an eine Kofinanzierung durch den Arbeitgeber gebunden und in der Höhe abhängig von der Unternehmensgröße. Mit dem im Wesentlichen am 29.5.2020 in Kraft getretenen Arbeit-von-morgen-Gesetz wurden die Förderleistungen nochmals erhöht sowie die Antragstellung durch die Möglichkeit von Sammelanträgen für die Arbeitgeber erleichtert. Auch die Qualifizierung in einer Transfergesellschaft wird nunmehr stärker gefördert. Für die 20. Legislaturperiode hat die Bundesregierung neben einem Ausbau des BAföG zwei weitere Instrumente der Weiterbildungsförderung angekündigt: Das Qualifizierungsgeld und das Bildungszeitgeld. Während ersteres auf Grundlage von Betriebsvereinbarungen, angelehnt an das Kurzarbeitergeld, Unternehmen im Strukturwandel bei der Weiterbildung ihrer Mitarbeiter unterstützen soll, richtet sich das am österreichischen Recht orientierte Bildungszeitgeld an die einzelnen Beschäftigten und soll einen verwaltungsarmen eingängigen Zugang zur arbeitsmarktbezogenen Weiterbildung ermöglichen (Koalitionsvertrag 2021–2025 zwischen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP, S. 53).

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