I. Mitbestimmungsrechte

 

Rz. 15

Im Rahmen der Einrichtung bzw. Nutzung von digitalen Überwachungsmaßnahmen sind die Mitbestimmungsrechte gem. § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG und § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG zu beachten.

Für das Eingreifen des Mitbestimmungsrechts aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG genügt die objektive Geeignetheit der jeweiligen technischen Einrichtung zur Überwachung, auf die subjektive Überwachungsabsicht des Arbeitgebers kommt es nicht an (so bereits BAG v. 6.12.1983 – 1 ABR 43/81, NJW 1984, 1476; BAG v. 8.3.2022 – 1 ABR 20/21 zur Einführung von Microsoft Office 365). Da dies heute bei vielen Formen der Datenverarbeitung der Fall ist, hat dieses Mitbestimmungsrecht einen extrem weiten Anwendungsbereich. Auch ist anerkannt, dass die jeweilige Einrichtung nicht unmittelbar selbst und automatisch die Daten erhoben haben muss (BAG v. 14.9.1984 – 1 ABR 23/82, NZA 1985, 28). Nach jüngerer Rechtsprechung soll für die Annahme einer technischen Einrichtung zur Arbeitnehmerüberwachung bereits das öffentlich zugängliche Abspeichern von Daten und die (theoretische) Möglichkeit einer späteren Auswertung von leistungs- oder verhaltensbezogenen Daten genügen (so im Fall eines Arbeitgeber-Facebookprofils mit Funktion "Besucher-Beiträge", die Dritten Postings zum Verhalten und zur Leistung der Beschäftigten erlaubt, BAG v. 13.12.2016 – 1 ABR 7/15, NZA 2017, 657). Auch die Einrichtung eines Outlook-Gruppenkalenders wurde als mitbestimmungspflichtig eingestuft (LAG Nürnberg v. 21.2.2017 – 7 Sa 441/16, NZA-RR 2017, 302; weitere Einzelbeispiele BeckOK-ArbR/Werner, § 87 BetrVG Rn 95 sowie Kort, RdA 2018, 24, 32).

 

Rz. 16

Mit dem Gesetz zur Förderung der Betriebsratswahlen und der Betriebsratsarbeit in einer digitalen Arbeitswelt (Betriebsrätemodernisierungsgesetz v. 28.5.2021, BGBl I 2021, 1762; in Kraft getreten zum 18.6.2021) wurden die Beteiligungsrechte des Betriebsrats im Zusammenhang mit dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz gestärkt. Zunächst wurde klargestellt, dass die Rechte des Betriebsrats bei der Planung von Arbeitsverfahren und -abläufen auch dann gelten, wenn diese Richtlinien ausschließlich oder mit Unterstützung von Künstlicher Intelligenz (KI) erstellt werden. Gleiches gilt für den Einsatz von KI bei Personalauswahlrichtlinien. Außerdem wurde dem Betriebsrat das Recht eingeräumt, zur Bewertung von Künstlicher Intelligenz einen Sachverständigen hinzuzuziehen (§ 80 Abs. 3 S: 2 BetrVG, siehe auch § 84 BetrVG).

II. Datenschutzrechtliche Betriebsvereinbarungen

 

Rz. 17

Vom BDSG abweichende Betriebsvereinbarungen sind auch nach der Reform 2018 möglich, allerdings durch das Schutzniveau der DSGVO in ihrem Anwendungsbereich streng limitiert. Dabei sind nicht nur die allgemeinen Datenschutzgrundsätze (Art. 5 DSGVO) zu beachten, der Arbeitgeber hat auch den umfangreichen Aufklärungs- und Informationspflichten der Art. 12 ff. DSGVO nachzukommen.

 

Notwendige Inhalte einer Betriebsvereinbarung zum Datenschutz

Eine Betriebsvereinbarung sollte die folgenden Aspekte ansprechen:

Aufklärung über Zweck, Umfang und Dauer der Datenerhebung,
Angabe des Datenschutzbeauftragten und der Möglichkeiten zur Beschwerde,
Hinweis auf Empfänger von Daten,
Hinweis auf Betroffenenrechte wie Löschungs- und Widerrufsansprüche,
Hinweis auf eine Datenverarbeitung in Drittländern unter Verweis auf Maßnahmen zur Sicherung eines angemessenen Datenschutzniveaus,
Informationen über die Logik einer automatisierten Datenverarbeitung,
Ergebnis der Datenschutz-Folgenabschätzung und der Risikoeinschätzung,
Hinweis auf Ausschluss von (verdachtsunabhängigen) Leistungs- und Verhaltenskontrollen
(im Einzelnen s. Wybitul, NZA 2017,1488; ausführlich m.w.N. Holthausen, RdA 2021, 19).

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