Rz. 18

Zur Ermittlung des Gegenstandswertes in der Zwangsvollstreckung ist es nicht möglich, nach § 23 Abs. 1 RVG die für die Gerichtskosten geltenden Wertvorschriften heranzuziehen, da es solche Wertvorschriften hierfür nicht gibt. In gerichtlichen Verfahren der Zwangsvollstreckung sieht das GKG nämlich in den Nummern 2110 – 2113 und 2118 des Kostenverzeichnisses Festgebühren vor, sodass hierfür Wertvorschriften überflüssig sind.

 

Hinweis:

Auch im Gerichtsvollzieherkostengesetz sind nur Festgebühren vorgesehen, z. B. in Nr. 260 KV GvKostG für die Abnahme der Vermögensauskunft 33,00 EUR.

Wegen des Fehlens gerichtlicher Wertvorschriften ist eine Regelung der Bestimmung des Gegenstandswertes im RVG selbst notwendig. Dabei sind einige wichtige Besonderheiten zu berücksichtigen, da z. B. § 4 Abs. 1 ZPO und § 43 Abs. 1 GKG (Nichtberücksichtigung von Nebenforderungen) keine Geltung haben. Im Wesentlichen ist zu beachten:

 

Rz. 19

Bei der Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen bestimmt sich der Gegenstandswert nach dem Betrag der zu vollstreckenden Geldforderung einschließlich der Nebenforderungen (§ 25 Abs. 1 Ziff. 1 Hs. 1 RVG). In den Gegenstandswert sind folglich einzurechnen: die Hauptforderung, die Kosten des Erkenntnisverfahrens, Zinsen, Kosten früher durchgeführter Vollstreckungsmaßnahmen usw. Es handelt sich bei diesen Vollstreckungsmaßnahmen hauptsächlich um Pfändungen, also um Aufträge zur Sachpfändung an den Gerichtsvollzieher oder um Anträge auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses z. B. zwecks Lohnpfändung.

Die Wertberechnung ist zu dem Zeitpunkt vorzunehmen, zu dem der RA die gebührenpflichtige Tätigkeit vornimmt. Die Kosten der gerade begonnenen Vollstreckungsmaßnahme sind bei der Wertermittlung jedoch außer Acht zu lassen! Die Zinsen werden im Anwaltsbüro bis zu dem Tag berechnet, an dem der RA dem Gerichtsvollzieher den Auftrag zur Pfändung erteilt bzw. einen Antrag an das Gericht stellt.

Soll nach dem Willen des Gläubigers nur ein bestimmter Gegenstand gepfändet werden und hat dieser einen geringeren Wert als der Betrag der beizutreibenden Forderung, so ist nur der geringere Wert dieses Gegenstands der für die Vollstreckungsmaßnahme maßgebliche Gegenstandswert (§ 25 Abs. 1 Ziff. 1 Hs. 2 RVG). Ein bestimmter Gegenstand in diesem Sinne ist der Pfändungsgegenstand, den der Gläubiger hinsichtlich der vorzunehmenden Vollstreckungsmaßnahme als solchen bezeichnet hat. Für die Wertbemessung ist die (realistische!) Einschätzung des Gläubigers zum Zeitpunkt der Einleitung der Vollstreckungsmaßnahme entscheidend. Sollte sich anlässlich der Pfändung erst später herausstellen, dass der Gläubiger den Wert etwas zu hoch geschätzt hat, so wirkt sich dies (in der Praxis) nicht aus. Ist schon bei Einleitung der Vollstreckungsmaßnahme für den Gläubiger ersichtlich, dass der zu pfändende Gegenstand wegen seines gegenüber der titulierten Forderung niedrigeren Wertes nicht zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers führen wird, so ist zwingend der niedrigere Wert dieses bestimmten Gegenstands als Gegenstandswert anzusetzen.

 

Beispiele:

(1) Ein Vollstreckungstitel über 8.000,00 EUR plus Nebenforderungen liegt vor. Der Gläubiger beauftragt einen RA, nur das Reitpferd des Schuldners im Werte von 5.000,00 EUR pfänden zu lassen. Der Gegenstandswert beläuft sich auf die 5.000,00 EUR.

(2) Ein Vollstreckungstitel über 6.000,00 EUR einschließlich Nebenforderungen liegt vor. Der Gläubiger beauftragt einen RA, das Motorrad des Schuldners im Werte von 7.500,00 EUR pfänden zu lassen. Der Gegenstandswert beläuft sich auf 6.000,00 EUR.

(3) Ein Vollstreckungstitel über 7.000,00 EUR plus Nebenforderungen liegt vor. Da frühere Vollstreckungsversuche fruchtlos verliefen und da der Schuldner von Beruf Kellner ist, soll der GVZ eine Taschenpfändung durchführen. Bei einer Taschenpfändung soll ebenfalls nur ein bestimmter Gegenstand gepfändet werden, und zwar das Bargeld, welches der Schuldner bei sich trägt. Er wird sicherlich keine 7.000,00 EUR Trinkgelder herumtragen, sondern vielleicht 100,00 EUR. Nach diesen erwarteten 100,00 EUR richtet sich der Wert und nicht nach der Gläubigerforderung.

 

Rz. 20

Ein bestimmter zu pfändender Gegenstand kann auch eine Forderung sein. Für den Fall der Forderungspfändung war umstritten, ob § 25 Abs. 1 Ziff. 1 Hs. 2 RVG anwendbar ist. Grundsätzlich gelten auch bei der Forderungspfändung die vorstehenden Ausführungen. Wenn sich demnach erst später herausstellt, dass der Betrag der gepfändeten Forderung geringer ist, wird nach neuerer Rechtsprechung dieser Betrag als Gegenstandswert angenommen – also ist letztlich das Ergebnis der Pfändung der Gegenstandswert. Wenn der Gläubiger von vornherein weiß, dass die beim Drittschuldner zu pfändende Forderung nicht zu seiner vollständigen Befriedigung führen wird, ist deren gegenüber der Gläubigerforderung geringerer Betrag als Gegenstandswert heranzuziehen. Ist die Pfändung erfolglos, war die gepfändete Forderung wertlos; der RA erhält dann nur na...

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