Rz. 55

Wenn der Schuldner verurteilt worden ist, eine Handlung vorzunehmen, deren Vornahme auch durch einen Dritten erfolgen kann, so ist der Gläubiger von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges auf Antrag zu ermächtigen, selbst die Handlung auf Kosten des Schuldners vorzunehmen, wenn der Schuldner die Handlung nicht vorgenommen hat (§ 887 ZPO). Eine solche Handlung wird als vertretbare Handlung bezeichnet, im Gegensatz zur unvertretbaren Handlung, die nur vom Schuldner selbst vorgenommen werden kann.

 

Beispiel:

Vertretbare Handlungen sind z. B. die Anfertigung oder die Reparatur von Sachen.

 

Rz. 56

Das Verfahren gemäß § 887 Abs. 1 ZPO über den Antrag des Gläubigers auf Ermächtigung, auf Kosten des Schuldners eine vertretbare Handlung durch andere Personen (z. B. Handwerker) vornehmen zu lassen, ist eine Angelegenheit im Sinne von § 18 Abs. 1 Ziff. 1 RVG, für die Gebühren nach den Nrn. 3309, 3310 VV RVG erwachsen. Diese Tätigkeit des RA ist also nicht in § 18 Abs. 1 Ziff. 12 RVG geregelt, da sie unter die allgemeine Vorschrift des § 18 Abs. 1 Ziff. 1 RVG fällt. Gegenstandswert ist in der Regel der Wert der vorzunehmenden Handlung (§ 25 Abs. 1 Ziff. 3 RVG).

Der Gläubiger kann auch zugleich mit dem Antrag gemäß § 887 Abs. 1 ZPO beantragen, den Schuldner zur Vorauszahlung dieser Kosten zu "verurteilen". Dieser Antrag gemäß § 887 Abs. 2 ZPO, den Schuldner zur Vorauszahlung der Kosten der Ersatzvornahme zu "verurteilen", gehört auf jeden Fall gebührenrechtlich zu dem Antrag gemäß § 887 Abs. 1 ZPO, sodass hierfür keine besonderen Gebühren zusätzlich entstehen. Es handelt sich dabei übrigens nicht um ein "Urteil", sondern um einen Beschluss, der allerdings ein Vollstreckungstitel ist.

 

Rz. 57

Erst wenn dann aus dem Beschluss gemäß § 887 Abs. 2 ZPO die Zwangsvollstreckung wegen Vorauszahlung dieser Kosten betrieben wird, stellt dies nach § 18 Abs. 1 Ziff. 12 RVG eine besondere Angelegenheit dar, für die die Gebühren nach den Nrn. 3309, 3310 VV RVG gesondert anfallen. Gegenstandswert ist in diesem Falle der beizutreibende Kostenbetrag.

 

Beispiel:

Ein Schuldner ist verurteilt worden, eine Sache zu reparieren. RA Meier stellt auftragsgemäß für den Gläubiger erstens den Antrag auf Ermächtigung, die Reparatur auf Kosten des Schuldners vornehmen zu lassen und beantragt zugleich, zweitens den Schuldner zur Vorauszahlung der hierdurch entstehenden Kosten zu verurteilen. Beide Anträge bilden zusammen nur eine Angelegenheit der Zwangsvollstreckung, sodass RA Meier hierfür nur einmal Gebühren nach den Nrn. 3309, 3310 VV RVG erhält.

Wenn nun RA Meier aus dem Beschluss, womit der Schuldner zur Vorauszahlung der Kosten "verurteilt" wird, ebenfalls die Zwangsvollstreckung betreibt, z. B. durch Pfändungsauftrag an den GVZ, dann erst handelt es sich gemäß § 18 Abs. 1 Ziff. 12 RVG um eine besondere Angelegenheit, in der die Gebühren nach § 18 Abs. 1 Ziff. 12, Nrn. 3309, 3310 VV RVG zusätzlich entstehen.

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